Der Nationale Sicherheitsrat, dieses vergleichsweise neue Gremium kannte man bislang eigentlich nur im Zusammenhang mit der terroristischen Bedrohung. Dieser Nationale Sicherheitsrat tritt in Krisenmomenten zusammen. Hier beraten die wichtigsten politischen Entscheidungsträger zusammen mit den Vertretern der zuständigen Sicherheitsdienste über die aktuelle Lage und das künftige Vorgehen. Diesmal stand aber nicht der Terrorismus im Mittelpunkt der Beratungen, sondern das Coronavirus.
Der Nationale Sicherheitsrat kommt zusammen wegen des Coronavirus? "Ist die Lage denn inzwischen so dramatisch?", fragt ein VRT-Journalist den flämischen Ministerpräsidenten Jan Jambon vor Beginn der Sitzung. Jambons Antwort fällt dann aber doch ziemlich patzig aus: "Wenn wir nicht gemeinsam beraten würden, dann würde man uns vorwerfen, den Ernst der Lage zu unterschätzen. Und jetzt setzen wir uns zusammen, und dann ist es auch nicht gut", sagt ein hörbar gereizter Jan Jambon.
Doch legt er einen Finger in die Wunde. Das Problem kennen neben Politikern auch Experten oder Medien nur zu gut: Wenn man nichts sagt, dann heißt es, man verschweige die Wahrheit. Und wenn man kommuniziert, dann "schürt man Panik".
Nichtsdestotrotz: "Nationaler Sicherheitsrat", das klingt tatsächlich doch irgendwie dramatisch. Letztlich war das aber offensichtlich der Rahmen, der nötig war, um einige Maßnahmen treffen zu können, die tatsächlich eher in den Bereich Innere Sicherheit passen.
Regierung rät von Saalveranstaltungen ab
Das muss man genauer aufdröseln: Erstmal haben alle betont, dass sich das Land nach wie vor in Phase 2 befindet. Heißt im Klartext: Erstes Ziel bleibt es, das Virus bestmöglich einzudämmen. Und dafür gebe es einen guten Grund, sagte die föderale Gesundheitsministerin Maggie De Block: "Wir müssen Zeit gewinnen, um zu verhindern, dass die Krankenhäuser überlastet werden".
Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, seien aber Maßnahmen nötig, die eigentlich erst in Phase 3 vorgesehen sind, sagte die geschäftsführende Premierministerin Sophie Wilmès. Das Stichwort lautet da: Social Distancing - dieses Unwort steht für Maßnahmen, die, salopp gesagt, dafür sorgen sollen, dass sich die Menschen nicht zu nahe kommen.
Und da muss man vor allem eine Maßnahme hervorheben: Ab jetzt wird empfohlen, Saalveranstaltungen abzusagen, an denen mehr als 1.000 Menschen teilnehmen. "Wir folgen da dem Beispiel einiger Nachbarländer", sagt Sophie Wilmès. Für Veranstaltungen im Freien werden keine Einschränkungen empfohlen. Auch die Schulen in Belgien sollen offen bleiben, Schulfeste sollten aber abgesagt werden. Außerdem empfiehlt die Föderalregierung den Arbeitgebern, ihre Mitarbeiter zu ermuntern, möglichst von zuhause aus zu arbeiten.
"Sekundäre" Ansteckungen
Warum jetzt? Nun, bislang war es so, dass die Infektionsfälle quasi alle in Zusammenhang standen mit Reisen in Gebiete, wo die Krankheit herrschte. Jetzt sehen die Experten mehr und mehr sogenannte "sekundäre" Ansteckungen. Heißt: Das Virus wird nicht mehr importiert, sondern fängt an, innerhalb der Bevölkerung zu zirkulieren. Und deswegen empfehlen die Fachleute, jetzt neue Maßnahmen zu ergreifen, die eben verhindern sollen, dass sich das Virus jetzt weiterverbreitet.
Also: Es bleibt bei Phase 2. Man versucht, das Virus einzudämmen. Weil dafür jetzt zusätzliche Maßnahmen nötig sind, spricht man von einer Phase 2+.
Ziel ist und bleibt es, dass die Behörden möglichst kohärent entscheiden, dass nicht in einem Landesteil anders entschieden wird, als im Rest des Landes. "Diese Situation sorgt bei vielen Menschen für Beunruhigung", sagt Wilmès. "Und Chaos würde dieses Gefühl nur unnötig verstärken. Das wollen wir vermeiden".
Experte: Das belgische Gesundheitswesen ist bereit für die Coronavirus-Krise
belga/km/rop