Bestätigung für diese Sicht der Dinge bekam De Block am Mittwochvormittag im Radio der RTBF. Und das von zwei Gästen, die ziemlich gut wissen, wovon sie reden. Die eine ist Chefmedizinerin am Brüsseler Saint-Pierre Krankenhaus, dem Krankenhaus, in das der erste belgische Patient mit nachgewiesenem Coronavirus am Dienstag eingeliefert worden ist. Der andere ist Professor an der Universität Löwen und dort Mitglied der Forschergruppe Bakteriologie, die sich intensiv mit dem neuartigen Coronavirus beschäftigt.
Sie, die Chefmedizinerin, heißt Michelle Dusart. Und als sie am Mittwochvormittag etwas zur Ausbreitung des Coronavirus auch in Belgien sagte, da klang das zunächst wenig aufmunternd. Denn klar und deutlich gab Dusart zu Protokoll: "Natürlich stellen wir uns darauf ein, dass es weitere Fälle geben wird."
Dem wollte Emmanuel André, der Professor der Universität Löwen, nicht widersprechen. Auch aus seinem Mund waren Worte zu hören, die zunächst nicht sehr aufmunternd klangen. Bald schon könnte es schwieriger werden, die Menschen ausfindig zu machen, die mit dem Coronavirus angesteckt seien. Zurzeit beschränke man sich da ja auf Menschen, dir irgendwie Kontakt zu Chinesen hatten oder in China waren. Wörtlich sagte André: "Wie bereiten uns auch darauf vor, den Kreis der Menschen zu erweitern, bei denen man das Virus potentiell erwarten kann und die wir deshalb genauer im Auge behalten müssen."
Doch das waren auch schon die düstersten Sätze der beiden Experten. Ansonsten gab es viel Beruhigendes von ihnen zu hören.
Im Brüsseler Krankenhaus Saint Pierre zumindest scheint alles vorbereitet zu sein, um weitere Patienten mit dem Coronavirus aufzunehmen. Dusart sagte: "Seit der Sars-Epidemie sind wir vorbereitet. Es gibt spezielle Einheiten, die auf solche Fälle eingestellt sind. Wir haben Betten mit negativem Druck, normale Betten und Betten für Intensivbehandlungen. Das ganze Personal, das sich in dieser Abteilung um die Menschen kümmert, ist entsprechend ausgebildet."
Betten mit negativem Druck, das erklärte Dusart auch, seien im Grunde Isolierräume, in denen die Betten der Patienten mit Coronavirus stehen. Wenn die Tür zu diesen Räumen aufgemacht wird, sorgt eine spezielle Vorrichtung dafür, dass keine Luft aus dem Raum nach außen dringt. Kein Virus, der irgendwie in der Luft schweben könnte, werde somit nach außen gelangen.
Aber selbst wenn man von dem Virus befallen werde, sei das in der Regel wenig bedenklich: "Bei 80 Prozent der Menschen, gab Chefmedizinerin Dusart an, "die von der Krankheit befallen werden, verläuft die Krankheit ohne große Komplikationen - zumindest ist es das, was die Erfahrungen aus China zeigen. Bei etwa 20 Prozent verläuft die Krankheit mit etwas größeren Komplikationen. Das zeigt, dass wir die Kranken mehr oder weniger gut behandeln können: Und mit den Medikamenten, die man gerade am entwickeln ist, muss man sich, glaube ich, keine Sorgen machen."
Tatsächlich machen ja bereits Meldungen von ersten Mitteln gegen das Virus die Runde. Auch an der Universität Löwen arbeitet man mit Hochdruck an so einem Gegenmittel. Denn Belgien habe den Ehrgeiz zu denjenigen zu gehören, die Lösungen bieten werden, sagte dazu Professor André.
Der belgische Patient mit Coronavirus ist bei diesem Vorhaben für die Forscher quasi ein Geschenk des Himmels. "Mit dem Material, das wir vom Patienten in Belgien bekommen werden, werden wir sehr wahrscheinlich auch arbeiten können", sagt dazu Professor André. Dabei stehe natürlich im Vordergrund, den Patienten zunächst so gut wie möglich zu pflegen. "Aber alles, was wir dabei lernen können, wird auch über den Patienten hinaus nützlich sein", sagte André.
Ein Krankenhaus, das auf alles vorbereitet ist. Ein Forschungsteam, das Hoffnung auf Gegenmittel macht, letztlich eine Ministerin, die zur Ruhe aufruft: Belgien reagiert ohne Panik auf das neuartige Virus, das aber - auch das ist ja bewiesen - trotz aller Vorsichtsmaßnahmen gefährlich bleibt und im schlimmsten Fall zum Tode führt.
Kay Wagner