Brüssel am Mittwochmorgen im Palais des Académies - direkt neben dem Königspalast. Die Carta Academica - ein Zusammenschluss von verschiedenen Köpfen belgischer Universitäten - hat eingeladen. Die Veranstaltung gilt unter anderem Julian Assange. Als Enthüllungsjournalist und Gründer der Plattform Wikileaks steht er zusammen mit den Whistleblowern Chelsea Manning und Edward Snowden und mit Sarah Harrison (Nummer zwei bei Wikileaks) im Fokus der amerikanischen Justiz. Allen vieren sollte ein Ehrentitel für ihr Engagement verliehen werden. Unter den Organisatoren: Annemie Schaus. Anwältin und Professorin an der Freien Universität Brüssel.
Die gebürtige St. Vitherin ist Teil des Anwaltsteams rund um Julian Assange: "Ich bin Mitglied des europäischen Zentrums für Verfassungs- und Menschenrechte, eine internationale NGO mit Sitz in Berlin. Und einer der anderen Mitglieder war der leitende Anwalt von Julian Assange, Michael Radner - ein großer amerikanischer Anwalt, der leider bereits verstorben ist. Er hatte mich und Christoph Marchant damals gebeten, seinem juristischen Team beizutreten, da wir eben Experten für europäisches Menschenrecht sind. Wir helfen also den anderen Teammitgliedern bei allen Fragen, die mit Menschenrecht zu tun haben und wir sind auch die, falls wir in England verlieren werden, die dann vor den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte treten werden."
Annemie Schaus liegt der Mittwoch besonders am Herzen. Für sie ist es wichtig, dass die Fälle von Julian Assange, Chelsea Manning, Sarah Harrison und Edward Snowden im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen: "Sie haben bewiesen, dass manche Regierungen die Demokratie bedrohen, indem sie auf Wikileaks Dokumente der US-Verteidigung veröffentlicht haben. Dadurch haben sie Kriegsverbrechen ans Licht gebracht, die die USA im Irak und Afghanistan begangen haben. Und auch die Massenüberwachung wäre ohne die zugespielten Dokumente von Edward Snowden nicht bekannt geworden. Und alle vier werden verfolgt. Dabei befinden sich zwei bereits im Gefängnis - Chelsea Manning und Julian Assange - und die zwei anderen mussten untertauchen - Sarah Harrison und Edward Snowden. Es ist also dringend notwendig, dass sich die Gesellschaft daran erinnert, dass hier ihre fundamentalen Rechte auf dem Spiel stehen, die eben durch diese vier Personen repräsentiert werden."
Zusammen mit dem Kollektiv FreeAssange organisierte Belgium4Assange auf der Place de La Monnaie eine Kundgebung und gab dem Platz dazu symbolisch einen anderen Namen: Julian-Assange-Platz. Das Highlight der Aktion war das Kunstwerk von Davide Dormino. Der Italiener tourt bereits seit einiger Zeit mit "Anything to Say?" durch europäische Städte. Edward Snowden, Julian Assange und Chelsea Manning stehen als Bronzestatuen auf Stühlen. Daneben ein leerer Stuhl. Hier kann sich jeder drauf stellen, der etwas zu sagen hat. Und am Mittwoch waren es einige - unter anderem der Künstler selbst: "Mich hat die Geschichte rund um Wikileaks sehr beeindruckt und als Künstler und auch allgemein als Bürger habe ich die Pflicht Rede- und Ausdrucksfreiheit zu verteidigen. Von dieser Idee ausgehend sagte ich mir dann, okay meine Arbeit als Künstler ist das Skulpturenbauen und ich fing an, über ein Monument nachzudenken. Ein reisendes Monument, das man in sämtlichen Städten zeigen kann, um diese Menschen zu unterstützen."
Auch Annemie Schaus hat "etwas zu sagen" und wird ihren Kampf für einen fairen Prozess für Menschen wie Julian Assange weiterführen: "Wenn Großbritannien die EU verlässt, ist es nicht mehr durch das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens gebunden, dem die Mitgliedsstaaten unterliegen. Die EU wird daher sicherlich Parlamentarier entsenden, um den Gerichtsprozess zu beobachten. So wird Deutschland auf jeden Fall solche Beobachter entsenden."
Sarah Dederichs
Assange und die anderen sind tragische Gestalten. Es war ja gut, dass sie Kriegsverbrechen aufgedeckt haben. Nur genutzt hat es wenig. Die USA sind nach wie vor militärisch aktiv im Irak und Afghanistan und anderen Ländern des nahen und mittleren Ostens. Genau wie die anderen Großmächte. Die sind genauso. Keiner ist besser.
Diese vielen Gerichtsverfahren zeigen jedoch, dass die USA und Großbritannien Rechtsstaaten sind. In einer Diktatur wäre kurzer Prozess gemacht worden. Diesen wesentlichen Unterschied könnten die USA und Großbritannien sogar propagandistisch als Vorteil verkaufen.
Mich interessiert nur, wie Assange und die anderen die Prozesse finanzieren. Es ist ja bekannt, dass Gerichtsverfahren im angelsächsischen Raum sehr teuer sind.