Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat ihren Notfallausschuss einberufen. In Europa reagiert man dennoch bislang eher gelassen. Und nach Meinung eines Experten ist die Bedrohung für Belgien auch eher gering.
Eine neuartige Krankheit, so ein Befund, sorgt natürlich erstmal immer für eine gewisse Unruhe. Da denkt so mancher gleich an die Spanische Grippe, die zwischen 1918 und 1920 mindestens 25 Millionen Menschenleben forderte, manche Schätzungen liegen noch viel höher.
Die neue Bedrohung, die hat noch keinen Namen. Die ersten Fälle wurden im Dezember bekannt, und zwar in der chinesischen Millionenstadt Wuhan. Und dort kann man inzwischen von einer Epidemie sprechen. Allein am Mittwoch wurden 150 neue Fälle registriert. Damit stieg die Zahl der Erkrankungen auf knapp 500.
In den Nachbarländern und auch in den USA gab es auch schon erste Fälle. Die Betroffenen hatten sich aber immer zuvor in China aufgehalten. Die Gesundheitsbehörden auf der ganzen Welt beobachten die Lage jedenfalls mit Interesse und wohl auch mit einem gewissen mulmigen Gefühl.
"Zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir viel und nicht viel", sagte Professor Emmanuel Bottieau vom Antwerpener Tropeninstitut in der RTBF. Immerhin sei das Virus quasi in Rekordzeit genetisch identifiziert worden. Und demnach ist der Erreger vom Typ Coronavirus. Das ist gewissermaßen ein alter Bekannter, der aber in der Vergangenheit auch gefährliche Infektionen ausgelöst hat, wie z.B. die Lungenkrankheit SARS vor 20 Jahren. Es gibt aber auch harmlosere Varianten.
Wie gefährlich das neue Coronavirus wirklich ist, das sei noch schwer einzuschätzen, sagt Professor Bottieau. Wir wissen noch zu wenig. Wir sehen bislang nur die schlimmen Fälle. Wir wissen aber nicht, wie viele Menschen wirklich erkrankt sind. Vielleicht verläuft die Krankheit ja in den meisten Fällen harmlos. Man könne aber doch feststellen, dass sich das Virus schnell ausbreitet.
Die Zahl der Todesopfer ist jedenfalls auch angestiegen. Jetzt sind es 17. Irgendwie mag es also so aussehen, als würde die Epidemie jetzt "Fahrt aufnehmen". Die Weltgesundheitsorganisation WHO jedenfalls nimmt die Sache ernst: Der Notfallausschuss wurde zusammengerufen. Experten jetzt über mögliche Dringlichkeitsmaßnahmen. Das kann bis hin zu Reisebeschränkungen gehen.
In China selbst scheint man aber auch nichts dem Zufall zu überlassen. Nach dem Ausbruch von SARS Ende 2002 waren die Behörden in Peking scharf kritisiert worden, wegen ihrer zögerlichen Reaktion und vor allem wegen ihrer Kommunikationspolitik. Daraus scheint man gelernt zu haben. Das bestätigt auch Jan Renders, ein Belgier, der in Wuhan wohnt und den die VRT ausfindig gemacht hat. Es herrsche zwar keine Quarantäne, die Gesundheitsbehörden seien aber quasi allgegenwärtig. Reisende würden systematisch kontrolliert. Im Zweifel werde Fieber gemessen und beim kleinsten Verdacht werde reagiert.
Und doch ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Virus weiter auf Reisen geht. Die Welt ist schlichtweg zu sehr in Bewegung. Die Gefahr, dass das neue Coronavirus kurzfristig Belgien erreicht, sei aber überschaubar, sagt Professor Emmanuel Bottieau vom Tropeninstitut.
Es gibt keine Direktverbindung zwischen Belgien und der Region Wuhan, also dem Zentrum der Epidemie. Auf der anderen Seite ist die Inkubationszeit nach dem derzeitigen Informationsstand recht kurz. Heißt: Nach einer Ansteckung zeigen sich recht schnell erste Symptome. Und, weil inzwischen auch schon an den großen Flughäfen in Europa und den USA auch schon Kontrollen durchgeführt werden, ist es wahrscheinlich, dass ein erkrankter Reisender ermittelt werden kann, bevor er Belgien überhaupt erreicht. Belgien sei also nicht in vorderster Front, sagt Professor Bottieau.
Aber, so fügt der Experte hinzu: Sag niemals nie.
Forscher weltweit suchen jedenfalls schon fieberhaft nach einem möglichen Therapieansatz. Von Antwerpen aus wird etwa eine EU-weites Projekt koordiniert, das speziell für solche Fälle ins Leben gerufen wurde. Ziel ist es, Forschungsdaten und Erkenntnisse möglichst zu bündeln.
Das föderale Gesundheitsministerium mahnte seinerseits zur Besonnenheit. Es gebe keinen Grund zur Beunruhigung, wobei man freilich wachsam bleiben müsse. In Kürze werde ein Rundschreiben an alle Krankenhäuser geschickt mit allen bislang bekannten Informationen und auch den Notfallprozeduren. Belgien sei in jedem Fall vorbereitet.
EU-Gesundheitskommissar: "Wir beobachten die Ausbreitung des Erregers genau"
belga/rtbf/vk