Man hört nicht viel darüber, wie die Gespräche zwischen den Informatoren und den beiden Parteivorsitzenden verlaufen sind. Es ist so, dass dieser Gesprächstermin auch nicht wirklich offiziell bekanntgegeben wurde - auch das ist eigentlich ein Presseleck gewesen.
Entsprechend wird man auch nicht viel erfahren. Aber, dass ein solches Treffen stattgefunden hat, allein daraus kann man seine Schlüsse ziehen. Das dürfte wohl der x-te Versuch sein, die größten Parteien aus beiden Landesteilen doch noch an einen Tisch zu bekommen. Denn, nach wie vor sieht es nämlich so aus, als wäre eine Koalition ohne, sowohl N-VA, als auch PS, nicht möglich. Es ginge also nur mit beiden.
Vivaldi-Koalition
In den letzten Tagen hieß es, dass die beiden Informatoren wahrscheinlich doch eher an einer erweiterten Regenbogen-Koalition arbeiten, also einem Bündnis aus Sozialisten, Liberalen, Grünen plus CD&V. Ob diese Option nun doch wieder vom Tisch ist, weiß man nicht. Man liest und hört immer wieder, dass ein solcher "erweiterter Regenbogen" in der Luft liegt. Dafür gibt es auch schon einen Namen: Man spricht von einer "Vivaldi-Koalition". Das ist tatsächlich eine belgische Erfindung - das gibt es nirgendwo. Vivaldi wegen der "Vier Jahreszeiten", denn, in der Tat: Das wäre eine richtig bunte Mischung, wobei man sich dann aussuchen darf, wer für den Winter steht. In jedem Fall, ob nun Vivaldi oder Regenbogen: Es wäre eine Regierung ohne die N-VA.
Seit die Note der beiden Informatoren durchgesickert ist, gibt es aber wieder Zweifel an diesem Szenario. Man kann nur feststellen, dass in dem Dokument einige Punkte stehen, die der N-VA durchaus gefallen. Es mag sogar so aussehen, als stünden die auch genau dafür drin, also um der N-VA zu gefallen.
Fakt ist jedenfalls: Keine Partei hat die Note ausdrücklich verworfen, das heißt alle zehn Parteien, die infrage kommen, sind noch im Spiel. Und damit zwingt sich auch nach wie vor keine Formel wirklich auf.
Situation verfahren
Spätestens seit Freitagmittag weiß man auch, dass die CD&V nach wie vor die N-VA nicht fallenlassen will. Der CD&V-Spitzenpolitiker und Justizminister Koen Geens hatte sich einem kurzen Interview gestellt und dabei nochmal klargemacht, dass sich seine Position und auch die seiner Partei nicht geändert haben.
Er könne nur wiederholen, was er schon mehrmals gesagt habe, und er gehöre im Übrigen auch nicht zu denen, die ihre Meinung über Nacht ändern, so Geens. Er und auch seine Partei sind der Ansicht, dass eine föderale Koalition von einer flämischen Mehrheit getragen werde müsse, und im Idealfall durch dieselben Parteien, die auch die flämische Regierung stellen.
Erstens: Eine Mehrheit auf flämischer Seite ist nur möglich mit der N-VA. Und, zweitens: Die flämische Regierung wird von drei Parteien getragen, nämlich CD&V, OpenVLD und vor allem eben N-VA. Heißt, kurz und knapp: Die CD&V will das Fahrwasser der N-VA nicht verlassen. Und, so deprimierend das klingen mag, aber damit sind wir eigentlich nicht weiter als vor sieben Monaten.
De Wever eine Chance geben
Die CD&V hat bereits dafür plädiert, dass man N-VA-Chef De Wever die Gelegenheit gibt, auch einmal zu versuchen, eine Koalition auf die Beine zu stellen. Die Option steht seit Wochen im Raum. Beim letzten Mal ist das offensichtlich daran gescheitert, dass es zu viele Vetos von den anderen Parteien gab. Zwar entscheidet der König rein formal, wer in die Arena geschickt wird, im Endeffekt ist die Entscheidung aber in den meisten Fällen mit allen Beteiligten abgestimmt. Der Palast kann nicht einfach eine Entscheidung treffen, die die meisten Parteien ablehnen.
Und wie man liest und hört, hat sich auch hier die Situation nicht wirklich verändert. Nach wie vor haben anscheinend zu viele Parteien kein Vertrauen in De Wever. Die Gründe dafür kann man sich an den fünf Fingern abzählen. Es gibt die Befürchtung, dass De Wever die Rolle nur nutzen würde, um die Situation weiter verrotten zu lassen. Denn es ist letztlich nur in seinem Interesse, wenn sich nichts bewegt - das beweist ja dann seine These, dass das Land nicht mehr funktioniert.
Wir müssen abwarten. Oft genug kam es ja am Ende doch anders, als man gedacht hatte. Erstmal müssen die Informatoren Coens und Bouchez am Montag zum Palast. Es ist denkbar, dass der König ihre Mission erstmal wieder verlängert. Und alles, was darüber hinaus gehen könnte, darüber kann man eigentlich nicht mal spekulieren.
Roger Pint