Im Mai wollte das Nethys-Management rund um Stéphane Moreau drei Nethys-Unternehmen still und heimlich verkaufen: Voo, Win und Elicio. Die Deals Win und Elicio wurden später von der Wallonischen Region für null und nichtig erklärt - nachdem man herausgefunden hatte, dass es Interessenskonflikte gab. Beim Voo-Deal war das nicht so ohne weiteres möglich.
Falsch gerechnet
Im Fall von Voo war der Käufer der amerikanische Investmentsfond Providence Private Equity. Dieser sollte für 650 Millionen Euro 51 Prozent der Voo-Anteile kaufen. Das ist Enodia, der Nethys-Nachfolgerin, aber zu wenig. Enodia will nachverhandeln.
Der Unternehmenswert wurde im Auftrag von Enodia von der Rothschild-Bank neu bewertet. Die Bank kommt zu dem Schluss, dass damals falsch gerechnet wurde. Sie sagt, Voo sei 1,6 Milliarden Euro wert. Also müssten die 51 Prozent, die verkauft werden sollten, nicht bei 650 Millionen liegen, sondern bei 800 Millionen. Der Verkaufspreis wäre demnach 150 Millionen Euro zu niedrig gewesen - Geld, das der Lütticher Interkommunalen, also auch den angeschlossenen Gemeinden und damit den Steuerzahlern, fehlen würde.
Wie konnte es dazu kommen?
Die Rothschild-Bank sagt, Mc Kinsey, die damals den Unternehmenswert geschätzt hatten, hätten den Gewinn, den Voo erwirtschaftet, nicht ausreichend berücksichtigt. Das muss nicht böse Absicht sein, aber hinter den Kulissen vermutet man, dass Stephane Moreau - man muss schon sagen wieder einmal - damit zu tun hatte.
Erstens musste der Deal damals unter dem Radar der Öffentlichkeit über die Bühne gehen, das heißt möglichst schnell. Und jeder weiß, dass, wenn es schnell gehen muss, der Preis gedrückt wird.
Zweitens vermutet man, dass Moreau und Pol Heyse, der andere Ex-Nethys-Manager, persönliche Vorteile dadurch gehabt hätten - und das scheint die wahrscheinlichere Variante. Die beiden konnten nämlich laut Vertrag später einen Teil der Voo-Aktien zurückkaufen und von den Gewinnen profitieren.
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