"Ça passe ou ça casse", "Alles oder nichts". So kommentierte die amtierende Gesundheitsministerin Maggie De Block vor einigen Tagen die Mission von Informator Paul Magnette. Gemeint war vor allem der heutige Montag. Genau gesagt sein Termin im Palast. Paul Magnette wird nämlich seinen dritten und wahrscheinlich letzten Bericht vorlegen.
Denn: Seine Informator-Mission kommt jetzt zu einem gewissermaßen "logischen" Ende. Magnette sollte das Terrain sondieren. Das hat er gemacht. Er hat versucht, inhaltliche Schnittmengen zu finden. Und die hat er offensichtlich gefunden. Dabei ist ein offenes Geheimnis, dass Magnette eigentlich an einem Regenbogen gewerkelt hat. Das wäre also eine Koalition zwischen Sozialisten, Liberalen und Grünen.
Wichtig ist da aus Sicht der PS wohl vor allem, wer nicht dabei wäre. Klar: Das wäre eine Mehrheit ohne die N-VA. Da gibt es nur ein Problem: Dieser Regenbogen ist bislang - genauso wie sein Vorbild aus der Natur - nicht greifbar.
Zunächst die klassische Regenbogen-Formel: Rot, Blau, Grün. Das Problem sind die Blauen. Die flämischen Liberalen OpenVLD zögern, sich klar zu einem Regenbogen zu bekennen. Die Parteispitze würde ja anscheinend gerne. Nur wollen breite Teile der Basis diesen Kurs offenbar nicht mittragen.
Das bestätigte in der VRT auch noch einmal Francesco Vanderjeugd. Der 31-Jährige will in einigen Wochen für den OpenVLD-Vorsitz kandidieren. "Nach meinen Informationen gibt es bei vielen eine tiefe Abneigung gegen den Regenbogen", sagte Vanderjeugd über seine Parteikollegen. Und, weil der Regenbogen ja ohnehin nur eine knappe Mehrheit hätte, wäre die Gefahr gegeben, dass man am Ende keine Mehrheit mehr hat.
Da spricht Vanderjeugd gleich auch schon das nächste Problem an: Ein klassischer Regenbogen hätte nur eine knappe Mehrheit von gerade einmal einem Sitz. "Stabil" wäre was anderes. Es reicht, dass ein Parlamentarier die Seite wechselt, um die Regierung handlungsunfähig zu machen. Man erinnere sich nur an die Endphase der letzten wallonischen Regionalregierung.
Vielleicht hatte der neue MR-Vorsitzende Georges-Louis Bouchez diese leidige Geschichte vor Augen. Jedenfalls hat er in Zeitungsinterviews am Wochenende dieser klassischen Regenbogen-Formel eine Absage erteilt. Begründung: Neben inhaltlichen Unvereinbarkeiten vor allem eben die Tatsache, dass die Mehrheit zu knapp wäre. Also: gleich beide liberalen Parteien sind - aus verschiedenen Gründen - für einen Regenbogen im Moment nicht zu haben.
Das Problem mit der allzu knappen Mehrheit, das könnte man ja noch lösen: Man könnte den Regenbogen "erweitern". In der letzten Woche hat Paul Magnette versucht, insbesondere die CD&V weichzuklopfen. Ohne Erfolg bislang. Die flämischen Christdemokraten sind und bleiben davon überzeugt, dass man erst Bart De Wever die Möglichkeit geben sollte, es ebenfalls zu versuchen.
Und diese Haltung ändert sich auch nicht mit dem neuen Vorsitzenden. Seit Freitag ist das Joachim Coens. Die CD&V will damit verhindern, dass die flämischen Nationalisten in den nächsten vier Jahren in ihre Paraderolle schlüpfen: Die des Märtyrers.
Apropos: Genau diese Calimero-Karte hat der N-VA-Fraktionsvorsitzende Peter De Roover auch schon am Sonntag in der VRT gezogen. Angesprochen wurde er auf ein Gespräch, das am Samstag stattgefunden hatte.
Paul Magnette war mit der N-VA-Spitze zu einer Unterredung zusammengetroffen: "Man hat gleich gespürt, dass Paul Magnette eigentlich gar nicht beabsichtigt, die N-VA mitzunehmen. Man hat eher den Eindruck gehabt, dass Magnette einfach nur ein Häkchen auf seinem Aufgabenzettel setzen wollte." De Roover scheint hier fast so zu tun, als hätte seine Partei schon immer davon geträumt, mit der PS eine Koalition einzugehen. Was erwiesenermaßen nicht so ist.
Wie dem auch sei: Was wird Paul Magnette jetzt dem König erzählen? Und vor allem: Was kann das Staatsoberhaupt daraus machen?
Die mögliche Antwort kann auf einen Titel reduziert werden. Entweder, der König benennt einen Regierungsbildner. So, wie die Karten im Moment liegen, also mit zögernden Liberalen und abwinkenden Christdemokraten, scheint das aber eher unwahrscheinlich zu sein.
König Philippe könnte aber auch auf den flämischen Druck eingehen und Bart De Wever zum Informator machen. Nur: Welche Erkenntnisse würde man sich davon erhoffen? Dass PS und N-VA nicht durch eine Tür passen, das ist so ungefähr das einzige Resultat der ersten fünf Monate der Regierungsbildung.
Blieben also noch OpenVLD oder CD&V. Die CD&V hat schon dankend abgewunken. Denkbar ist also, dass der König eine oder einen flämischen Liberalen mit einer Mission betraut. Das wäre dann, um einmal einen anderen Begriff zu verwenden, ein "Vermittler" oder "Versöhner".
Regierungsbildner, Informator, Vermittler. Am Ende gilt wohl immer die De Blocksche Formel: Augen zu und durch: Ça passe ou ça casse.
Roger Pint