Dabei kann man das Treffen als durchaus konsequent bezeichnen. Denn nachdem auf einem ersten Treffen dieser Art am Samstag wohl nur über Inhalte gesprochen wurde, ging es diesmal um die Finanzierung der Projekte. Ein durchaus wichtiger Punkt.
Verschiedene Haushaltsszenarien hat Paul Magnette den Parteivertretern auf den Tisch gelegt. Um aufzuzeigen: Das Programm, das wir momentan als gemeinsamen Nenner unter uns ausgemacht haben, das ist auch tatsächlich finanzierbar. Beziehungsweise müsste hier und da vielleicht noch nachgebessert werden, wenn man sich für das eine oder andere Ziel beim Haushalt entscheidet.
Fünf Szenarien
Fünf verschiedene Szenarien hat Magnette zu dem Treffen mitgebracht. Bekannt davon sind die Namen und vor allem die Ziele, die diese Haushaltspläne bis Ende der neuen Legislaturperiode erreichen sollen. Nämlich Ziele hinsichtlich des Defizits, das der Haushalt 2024 noch haben soll. Immer bezogen auf das Bruttosozialprodukt natürlich, wie immer bei diesen Haushaltszahlen.
Da gibt es einmal den Plan, 2024 tatsächlich die schwarze Null stehen zu haben. Dass also der Haushalt ausgeglichen sein soll. Dieses Modell nennen die Wirtschaftszeitungen L'Echo und De Tijd das "deutsche" Modell. Also eine eher rigorose Sparpolitik. So, wie das vor allem Deutschland in der EU vormache.
Dann gibt es das so genannte irische Modell, bei dem 2024 dann immer noch Defizit steht, das mit 0,8 Prozent aber doch relativ gering ausfällt. Es gibt ein so genanntes finnisches Modell mit einer Verschuldung von 1,8 Prozent. Ein französisches Modell mit 2,0 Prozent Verschuldung und das "laxeste" Modell mit einer Verschuldung von 2,4 Prozent. Dieses Modell wird das italienische genannt.
Die Klischees werden hier gut bedient, um alles etwas anschaulich zu machen. Und hinter dem Ganzen stehen natürlich die Entscheidungen, wie viel gespart werden soll in den kommenden fünf Jahren. Rund 13,4 Milliarden Euro im Vergleich zu heute müssten eingespart werden, um die schwarze Null stehen zu haben. Das so genannte deutsche Modell würde also die größten Opfer von den Bürgern verlangen. Das italienische Modell entsprechend das geringste.
Reaktionen?
Das Treffen war eigentlich ein so genanntes Geheimtreffen. Es sollte eigentlich unter vollständiger Diskretion ablaufen. Und dass darüber etwas nach außen gedrungen ist, ist nur Leaks zu verdanken - also eigentlich unerlaubt weitergeleiteten Informationen. Dieser geheime Charakter des Treffens erklärt, dass sich danach niemand öffentlich zum Inhalt geäußert hat.
Die Zeitungen L'Echo und De Tijd jedoch schreiben, dass das rigorose deutsche Modell und das laxeste italienische Modell wohl keine Zustimmung bekommen hätten. Das deutsche Modell sei eben zu anspruchsvoll und das italienische dann doch zu verantwortungslos. Es lauft wohl auf einen Mittelweg hinaus. Aber: Konkrete Aussagen dazu gibt es nicht.
Eine Einordnung
Welchen Wert das Treffen hat, ist die Frage. Letztlich ist das alles noch total unverbindlich und wirft im Grunde nur so eine Art Idee in den Raum, wie es mit dem Haushalt in Belgien weitergehen würde, wenn Magnette mit seinen Bemühungen um eine Regenbogenkoalition erfolgreich sein sollte.
Und das ist eben noch komplett offen. Der große Wackelkandidat bleibt da weiterhin die OpenVLD, also die flämischen Liberalen. Sie hatten ja schon für ihr erstes Geheimtreffen mit den Regenbogenpartnern vergangenen Samstag heftige Schelte von der N-VA und auch der CD&V einstecken müssen. Der Gegenwind aus Flandern ist also groß.
Und dazu kommt noch, dass die Partei alles andere als geeint scheint. Selbst die Spitzenleute der Partei vertreten nicht eine Linie. Und darauf wird es letztlich ankommen: Wie entscheidet sich letztlich die OpenVLD. Sie ist nötig, um mit dem Regenbogen eine Mehrheit zu bekommen. Aber sie ist als Partner noch längst nicht mit im Boot.
Nächster Bericht für den König
Am Montag wird Paul Magnette dem König Bericht erstatten. Wenn es bei der Situation von heute bleibt, ist das wahrscheinlichste Szenario, dass Magnette dem König sagt: Es gibt sechs Parteien, also die Partner der Regenbogenkoalition, die bereit wären, über einen konkreten Koalitionsvertrag zu verhandeln. Das heißt dann noch nicht, dass das erfolgreich sein wird. Aber immerhin, die Parteien sind schon versammelt und hätten auch eine Mehrheit in der Kammer – wenn auch nur die kleinstmögliche von einer Stimme.
Das Wahrscheinlichste ist, dass der König Paul Magnette den Auftrag erteilt, weiter zu arbeiten. Dann aber als Formator, also mit dem konkreten Auftrag, den Regenbogen quasi zu vollenden. Inwieweit das dann erfolgreich sein könnte, steht noch nicht fest. Es hängt, wie gesagt, zurzeit viel von der OpenVLD ab. Und bis Montag kann ja noch so einiges passieren...
Tijd/Kay Wagner