"Klar, die Mission ist nicht einfach. Es gibt nicht nur große Unterschiede zwischen den Parteien, es gebe sogar Spannungen", sagt Paul Magnette.
Der Informator informiert. Am Dienstagabend hatte ihn der König mit einer neuen Mission betraut, um doch noch den Weg zu ebnen für eine neue föderale Koalition. Der PS-Chef hat gleich mit der Arbeit begonnen, denn seine Zeit ist knapp bemessen. Montag in einer Woche soll Magnette dem Staatsoberhaupt schon einen ersten Bericht vorlegen.
Ihm scheint dabei Transparenz besonders wichtig zu sein. Zwar sei es begrüßenswert, dass die Gespräche und Verhandlungen bislang nicht auf dem Marktplatz geführt worden seien. Doch wolle er zumindest darlegen, wie er an die Sache heranzugehen gedenkt. Anders nämlich als bisher. "Bislang haben wir erst nach Parteien gesucht, die gemeinsam etwas zustande bringen wollen", sagt Magnette. Er wolle den Spieß jetzt umdrehen und sich erst mit dem Inhalt befassen: Welche Prioritäten setzen die einen und die anderen, welche Bereiche sind ihnen wichtig?
Auf dieser Grundlage wolle er dann Schnittmengen identifizieren. Und auf diesen Schnittmengen wolle er dann aufbauen, um diesen Parteien-Dialog dann auf alle anderen Politikbereiche auszuweiten.
Zehn Parteien am Tisch
Sprechen will der Informator mit allen, mit Ausnahme der extremistischen Parteien. "Alle", das beinhaltet auch CDH und Défi. Der CDH-Vorsitzende Maxime Prévot hatte ja gerade erst signalisiert, dass seine Partei bereitstehe, um gegebenenfalls zur Lösung der Krise beizutragen. Heißt also: Am Tisch sind die vier traditionellen Familien plus N-VA und Défi. Zehn Parteien. Wobei bekannt ist, dass der Parteichef Magnette eigentlich die N-VA als potentiellen Partner mehr oder weniger klar ausschließt.
Der Informator Magnette gab sich dann aber wieder ergebnisoffen. Er bleibe dabei, dass es zwischen der PS und der N-VA wenig Gemeinsamkeiten gebe. Seine Aufgabe als Informator sei es aber, möglichst viele Parteien an einen Tisch zu bringen.
Regenbogen
Jeder ahnt aber, dass Magnette seine Zeit in erster Linie dafür nutzen will, zu versuchen, einen Regenbogen zustande zu bringen. Das ist seine Traumkonstellation: eine Regierung aus Sozialisten, Liberalen und Grünen, plus eventuell die Zentrumsparteien. Vor allem aber ist da wichtig, wer nicht dabei wäre: Klar, so würde man die N-VA verhindern.
Genau davor scheinen aber auf flämischer Seite CD&V und OpenVLD zurückzuschrecken. Die sehen da gleich zwei Probleme. Erstens: Liberale und Christdemokraten sitzen zusammen mit der N-VA in der flämischen Regierung. Und zweitens: Eine Regierung ohne die N-VA hätte in Flandern keine Mehrheit. Und genau das bekämen beide dann bei jeder Gelegenheit von N-VA und Vlaams Belang unter die Nase gerieben.
Diese Position beider Parteien schien bislang in Beton gegossen. Doch scheinen sich da inzwischen Risse zu zeigen. Der OpenVLD-Politiker Mathias De Clercq, immerhin Bürgermeister von Gent, hält in einem Meinungsbeitrag in De Standaard ein warmes Plädoyer für den Regenbogen. Erstens, so seine Argumentation: Zwischen PS und N-VA werde das ohnehin nie wirklich funktionieren. Demgegenüber habe sich aber, zweitens, schon häufiger gezeigt, dass ein Regenbogen durchaus etwas zustande bringen könne. Genau das wiederholte De Clercq auch nochmal in der VRT: "Seine Regenbogenmehrheit in Gent, die swingt", sagt De Clercq. "Bei allen Unterschieden gibt es mehr, was uns verbindet."
"Wer es nicht versucht, der irrt sich nur einmal"
Dass ein föderaler Regenbogen auch "swingen" würde, genau das wird Magnette jetzt beweisen wollen. Der Vorstoß von De Clercq dürfte dem PS-Chef jedenfalls gefallen haben. Wobei: Illusionen macht sich Magnette nach eigenen Worten nicht. Nach seinen Erfolgsaussichten gefragt, sagt er mit entwaffnender Offenheit: "Zwischen zwei und drei auf einer Skala bis zehn".
Aber, wer nicht wagt, der nicht gewinnt, scheint Magnette hinzuzufügen. Er selbst sagte es mit dem chinesischen Philosophen Laotse: "Wer es nicht versucht, der irrt sich nur einmal".
Roger Pint