Besorgte Mienen... Erstmal bei den Mitarbeitern von Proximus. Bei dem Telekomunternehmen geht inzwischen regelrecht die Angst um. Seit einiger Zeit verhandeln die Gewerkschaften mit der Direktion über einen Umstrukturierungsplan. Und schon im ursprünglichen Entwurf waren betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen worden. Genau diese unschöne Aussicht scheint sich jetzt zu bewahrheiten. Am Mittwochabend haben die verschiedenen Verantwortlichen ihre jeweiligen Mitarbeiter darüber informiert, inwieweit ihre Abteilung betroffen sein wird. Das ist zwar immer noch keine abschließende Info, aber immerhin eine Info.
Denn: Die Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Direktion sind noch nicht abgeschlossen. Eine letzte und wohl entscheidende Sitzung in Gegenwart von zwei Sozialschlichtern soll in zehn Tagen stattfinden. Doch scheinen die Leitlinien sich inzwischen abzuzeichnen.
Demnach wird die Zahl der abzubauenden Stellen wohl niedriger ausfallen als ursprünglich befürchtet. Nach dem ursprünglichen Plan sollten 1.900 Stellen gestrichen werden, jetzt sind es offensichtlich "nur" noch höchstens 1.300 - das "nur" steht natürlich in Anführungszeichen. Das ist nämlich immer noch mehr als zehn Prozent der Gesamtbelegschaft. Proximus beschäftigt derzeit noch knapp 11.000 Mitarbeiter.
1.300 Jobs stehen also nach wie vor auf der Kippe. Und längst nicht für alle Betroffenen gäbe es sozialverträgliche Lösungen. Zwar will man auf freiwillige Abgänge und auch Vorruhestandsregelungen setzen. Das wird aber nicht reichen. Im Moment ist von mindestens 250 betriebsbedingten Kündigungen die Rede, in einem immer noch staatseigenen Betrieb ist so etwas, sagen wir, "mindestens unüblich"... Der Staat ist ja immer noch Mehrheitsanteilseigner von Proximus.
Brussels Airlines
Das gilt bekanntermaßen nicht für Brussels Airlines. Die Nachfolgegesellschaft der bankrotten Sabena gehört inzwischen zu hundert Prozent der deutschen Lufthansa. Die Lufthansa hat ja vor einiger Zeit ihre Tochtergesellschaften neu geordnet. Immerhin konnte sich Brussels Arlines eine relative Unabhängigkeit erkämpfen: Die Gesellschaft wurde nicht, wie ursprünglich geplant, in die Billigtochter Eurowings integriert, sondern fliegt weiterhin unter ihrem Namen.
Doch hat das auch seinen Preis. Brussels Airlines ist jetzt nicht eine unter vielen. Heißt: Die Zahlen sind ihre Zahlen. Und die müssen stimmen. Bislang waren die Resultate zwar nicht rot, aber auch nicht wirklich schwarz. Konkret: Die Gewinnmarge belief sich auf ziemlich genau null Prozent. Man macht zwar keinen Verlust, aber eben auch keinen Gewinn.
Und das soll sich nach dem Willen der Lufthansa ändern. Vor einigen Wochen hatte die Direktion um Geschäftsführerin Christina Foerster einen Umstrukturierungsplan angekündigt. Der trägt den Namen "Reboot", was im Computerjargon so viel wie "Neustart" heißt. Erklärtes Ziel ist eine Steigerung der Gewinnmarge. Da hat man aber eine ehrgeizige Zahl drangehängt: Acht Prozent. Nicht eine Steigerung "um" acht Prozent, sondern "auf" acht Prozent - mindestens. Und das bis 2022, also innerhalb der nächsten zwei, maximal drei Jahre.
Der Auftakt ist da jedenfalls schon gründlich danebengegangen. Die Pleite von Thomas Cook hat Brussels Airlines in diesem Jahr schon geschätzt mehr als zwölf Millionen Euro gekostet.
Die Direktion will vor allem die Kosten drücken. Mehr als das war bislang eigentlich nicht bekannt. Am Donnerstagvormittag hat die Direktion jetzt neue Einzelheiten bekanntgegeben. Und da dürfte der eine oder andere Personalvertreter mal geschluckt haben: Demnach sollen die Kosten um 160 Millionen Euro pro Jahr gesenkt werden. 160 Millionen Euro pro Jahr, das sind zehn Prozent der Gesamtkosten. Und das kann nur Auswirkungen auf das Personal haben. Denn, gerade in der Luftfahrt ist das eine der einzigen wirklichen Stellschrauben, wenn auch nicht die einzige.
Folgen
Welche Folgen der Plan im Einzelnen für die insgesamt rund 4.200 Mitarbeiter haben wir, darüber gab es zwar noch keine wirklichen Einzelheiten. Man kann sich aber an den fünf Fingern abzählen, dass es Folgen geben wird. Im Moment verhandeln Gewerkschaften und Direktion schon über eine Regelung, die freiwillige Abgänge ermöglichen bzw. dazu ermuntern soll.
Wirkliche Klarheit gab es am Donnerstag aber nicht, was die Gewerkschaften auch im Anschluss an die Betriebsratssitzung bedauerten. Die Direktion habe sich bis zuletzt beharrlich geweigert, die wirklichen Auswirkungen auf die Personalsituation zu beziffern. Auch deswegen befürchten einige Gewerkschaften nach wie vor, dass die Geschäftsleitung die sogenannte Renault-Prozedur umschiffen will.
Diese Renault-Prozedur legt für den Fall von Massenentlassungen klare und verbindliche Regeln fest. Fest stehe, dass es nicht so viele Mitarbeiter gebe, die freiwillig die Gesellschaft verlassen wollen. Deswegen sei die Gefahr von Betriebsbedingten Kündigungen längst nicht vom Tisch.
Roger Pint