Das beschauliche Affligem in der Provinz Flämisch-Brabant ist eine Gemeinde, die eigentlich nicht so oft im Rampenlicht steht. Bekannt ist sie wohl am ehesten dem Liebhaber von gutem Abteibier.
Der Bürgermeister der Gemeinde ist seit gut zehn Jahren Walter De Donder. Er ist, im Gegensatz zu Affligem, dann doch eine kleine Berühmtheit. Jedes Kind in Flandern kennt ihn als den "Kabouter Plop", das ist der Zwerg, nach dem zum Beispiel auch der Freizeitpark Plopsa-Land bekannt ist. Als "Zwerg Plop" hat De Donder nicht nur an der gleichnamigen Serie mitgewirkt, sondern sogar zehn Spielfilme abgedreht. Bekannt ist er auch noch aus dem Kinderprogramm "Samson en Geert". Hier spielte er den Bürgermeister Modeste.
Erst Bürgermeister im Film, dann auch im wahren Leben... Die Fiktion hat also die Realität inzwischen gewissermaßen eingeholt. Walter De Donder hat mit 59 Jahren aber inzwischen größere Ambitionen. Der Bürgermeister will jetzt auch Vorsitzender seiner Partei werden. Er ist einer der "glorreichen Sieben", wie es Het Laatste Nieuws augenzwinkernd formuliert hat, denn bei der CD&V haben sich tatsächlich gleich sieben Kandidaten beworben für die Nachfolge des bisherigen Vorsitzenden Wouter Beke.
Wie seine Mitbewerber ist also auch Walter De Donder gerade auf Wahlkampftour. Und einen Ausschnitt eines solchen Auftritts hat er am Dienstag bei Twitter hochgeladen. Ein Satz hat da aber hellhörig gemacht: "Es gibt Viertel in Antwerpen, die vollständig entvölkert worden sind von unseren eigenen Leuten und die stattdessen eingenommen worden sind von anderen Gruppen", sagt De Donder. Das sei ein städtisches Problem, in Brüssel etwa gebe es das auch.
"Entvölkert"
Es ist zunächst die Wortwahl, die aufhorchen lässt. "Entvölkert", sagt De Donder, und unterscheidet dann nochmal ganz ausdrücklich zwischen "unseren eigenen Leuten" und "andere Gruppen".
"Entvölkert", das ist eigentlich ein Begriff aus dem rechtsextremen Werkzeugkasten. "Das ist der Sprachgebrauch von alt-right, also der Neuen Rechten", schrieb Theo Francken auf Twitter - ausgerechnet Francken, der ja auch gerne mal in diesem Register rote Linien überschreitet.
"Entvölkert", das erinnert unter anderem einige Zeitungskommentatoren an die Verschwörungstheorie des sogenannten "großen Austauschs". Die besagt ja, dass irgendeine düstere Macht daran arbeitet, die weißen Europäer durch Migranten zu ersetzen. Dieses - an den Haaren herbeigezogene - Schauermärchen war sogar schon Inspirationsquelle für rechtsextreme Massenmörder und Terroristen, etwa in Christchurch oder El Paso.
"Ach, das ist doch Haarspalterei", reagierte De Donder in der VRT. Hier würde ihm jetzt irgendwas in den Mund gelegt. Das sei doch aus dem Kontext gerissen. Hier würden die Wörter auf die Goldwaage gelegt. Und das habe zur Folge, dass man es fast nicht mehr schafft, die Dinge auszusprechen.
"Eigene Menschen" und "andere Gruppen"
Für Wirbel sorgt aber vor allem das Weltbild, das aus dem Auszug hervorgeht: Es gibt "unsere eigenen Menschen", und dann eben "andere Gruppen". "Wir können uns mit dieser Polarisierung, diesem 'Wir-Sie-Denken' nicht identifizieren", so eine häufig gehörte Reaktion aus CD&V-Kreisen. De Donder bewegt sich hier innerhalb seiner Partei in jedem Fall auffallend weit rechts.
Doch auch hier versteht er die Aufregung nicht. "Wissen Sie", sagt De Donder, "ich versuche so zu reden, dass die Menschen mich verstehen. Vielleicht war meine Wortwahl unglücklich, vielleicht habe ich den einen oder anderen damit auch brüskiert. Ich habe aber das Herz auf der Zunge."
Die Botschaft ist deutlich: De Donder will den Menschen das Gefühl geben, dass er ihnen zuhört, er will ihre Sorgen und Nöte verstehen. Er sieht sich als jemand, der es wagt, die Dinge auszusprechen: "Man darf die Probleme nicht beim Namen nennen", beklagt er, "hier wird sich schlicht und einfach geweigert, den Realitäten ins Auge zu sehen".
Walter De Donder ist nicht der Erste, der von sich behauptet, die Dinge auszusprechen, die das angebliche Establishment verschweigt oder nicht sehen will. Dabei kann man den Eindruck haben, dass Flandern seit einiger Zeit nur noch über den Themenkomplex Migration spricht. De Donder hat es jedenfalls geschafft, sich von den übrigen "glorreichen Sieben" abzuheben - ihn kennt man jetzt.
Roger Pint