39 Tote in einem LKW-Anhänger - was für eine Tragödie. Wie die OpenVLD-Abgeordnete Marianne Verhaert konnten alle Fraktionen nur ihre Bestürzung zum Ausdruck bringen angesichts des Flüchtlingsdramas von Grays.
Der Todes-Container kam über Zeebrügge nach Großbritannien, das hat die Föderale Staatsanwaltschaft inzwischen bestätigt. Nur: "Kennt man auch die genauen Einzelheiten?", wandte sich die ostbelgische PFF-Abgeordnete Kattrin Jadin an den amtierenden Innenminister Pieter De Crem. Was weiß man über die Zeit, in der der Container auf belgischem Boden war? Wie lange war der Trailer in Belgien bzw. in Zeebrugge? Welchen Kontrollen wurde er unterzogen?
Antworten auf diese Fragen bekamen die Abgeordneten aber nicht. Innenminister Pieter De Crem verwies auf das Ermittlungsgeheimnis. Die föderale Staatsanwaltschaft hat ja de facto eine Nachrichtensperre verhängt. De Crem bestätigte aber, dass es sich bei den Opfern um chinesische Staatsbürger handelte. Und er habe auch im Namen der Regierung und des Landes Großbritannien und auch China sein Beileid ausgesprochen.
Kritik
Einige Fraktionen übten aber auch hörbare Kritik. Bei den Grünen richtet sich die vor allem an die europäische Ebene. Dieses Drama sei eine Folge der gescheiterten EU-Migrationspolitik, sage etwa der Groen-Abgeordnete Wouter De Vriendt. Natürlich könne die EU nicht alle Flüchtlinge aufnehmen. Da es aber keine legalen Wege zur Einreise gebe, bleibe den Menschen ja gar nichts anderes übrig als sich in die Hände von Schleusern zu begeben.
Die N-VA sah zwar auch das Problem auf der europäischen Ebene, übte zugleich aber auch Kritik an der amtierenden Regierung. Als Leute wie Jan Jambon oder Theo Francken noch in der Regierung gewesen seien, da habe noch die Transitmigration und der Kampf gegen Menschenschmuggel im Vordergrund gestanden, sagte der N-VA-Parlamentarier Christoph D'Haese. Seit die N-VA nicht mehr Teil der Regierung ist, sei aber nicht mehr viel passiert. Und er hoffe, dass diese geschäftsführende Equipe jetzt langsam einsehe, dass es Handlungsbedarf gebe.
Diesen Schuh wollte sich der amtierende Innenminister aber nicht anziehen. Das Gegenteil sei richtig, sagte De Crem. Er habe erstmal das abarbeiten müssen, was seine Vorgänger liegen gelassen hätten. Er habe etwa das versprochene Personal erstmal in die Küsten-Provinzen transferieren müssen; er habe die Mittel freigemacht für die Scanner in Zeebrugge. "Wir haben mehr Mittel und Menschen eingesetzt als früher. Wir haben das, was die N-VA nur angekündigt hatte, umgesetzt." Und das habe nichts mit politischen Spielchen zu tun, wendet sich De Crem an die meckernden N-VA-Bänke, das sei die Realität.
Umstrittener Gesetzesvorschlag
Und auch an einem Vorschlag des N-VA-Parlamentariers Christoph D'Haese schieden sich die Geister. Er kündigte einen Gesetzesvorschlag an, wonach das unbefugte Betreten bzw. Mitfahren in einem Lastwagen unter Strafe gestellt werden sollte.
"Glaubt irgendwer, dass man damit auch nur einen Migranten davon abhält, einen LKW zu besteigen", kritisierte Wouter De Vriendt von Groen. "Die echten Gangster sind nicht die Migranten, sondern die Menschenschmuggler", sagt De Vriendt...
"Total daneben", reagierte auch Yasmina Kerbache von den flämischen Sozialisten auf den N-VA-Vorstoß. Man müsse die Menschenhändler bekämpfen, und nicht die Opfer kriminalisieren.
Pieter De Crem sieht seinerseits auch die Notwendigkeit einer abgestimmten Migrationspolitik auf EU-Ebene. Er habe auch im Gespräch mit der designierten EU-Kommissionsvorsitzenden Ursula Von der Leyen nachdrücklich auf eine europäische Lösung gedrängt.
Todesfahrt über Zeebrugge - Föderale Staatsanwaltschaft ermittelt
Roger Pint