Die Pleite von Thomas Cook wirbelt nach wie vor die Tourismusbranche in ganz Europa mächtig durcheinander. Überall ist Krisenmanagement angesagt. Angefangen damit, dass viele Touristen ja nach dem Konkurs in ihren Urlaubsorten regelrecht gestrandet sind. Denen muss natürlich geholfen werden. Das verläuft, je nach Land, unterschiedlich.
Belgien gehört zu den Ländern, in denen es einen Garantiefonds gibt. Dieser Topf wird von der Branche selbst gespeist und kommt dann zum Tragen, wenn ein Reiseveranstalter Konkurs anmelden muss. Man war also eigentlich für einen Fall, wie wir ihn jetzt erleben, gerüstet. Wobei man natürlich sagen muss, dass mit Thomas Cook nicht irgendeiner, sondern gleich der größte Touroperator über den Jordan gegangen ist.
Nach Schätzungen könnte der Garantiefonds am Ende Kosten in Höhe von bis zu 25 Millionen Euro übernehmen müssen. Zwar befinden sich im Moment nur knapp 18 Millionen in dem Sparstrumpf. Anscheinend stellt das aber kein Problem dar, unter anderem, weil der Garantiefonds selbst auch nochmal versichert ist.
Dieser Garantiefonds sorgt jedenfalls dafür, dass Kunden von Reiseveranstaltern in Belgien bei einer Pleite ruhig schlafen können. Wenn auch die Reise ins Wasser fällt, so kann man doch sicher sein, dass man nicht für nichts bezahlt hat. Auch den Kunden, die sich gerade im Urlaub befinden, entstehen keine Mehrkosten. Um eventuell plötzlich doch wieder offene Rechnungen kümmert sich auch der Garantiefonds.
Das ist allerdings in den letzten Tagen nicht immer so reibungslos verlaufen, wie erhofft, da viele Hotels vor Ort über den belgischen Garantiefonds nicht im Bilde waren. Am Ende musste sogar das Außenministerium eingeschaltet werden, das die Botschaften und Konsulate dazu angehalten hat, in den Urlaubsländern über die belgischen Prozeduren zu informieren.
Und sollten weiterhin Hotels Probleme machen, dann sollten sich die Betroffenen an die belgischen Auslandsvertretungen oder den Krisenstab des Außenministeriums wenden, sagte Mark De Vriendt, Direktor des Garantiefonds, in der VRT. Immer noch Geld von belgischen Touristen zu verlangen, das sei schlichtweg illegal.
Rückholaktion angelaufen
13.400 belgische Touristen sind jedenfalls wegen der Thomas Cook-Pleite im Ausland gestrandet. Die Rückholaktion ist inzwischen voll angelaufen. Bereits am Mittwochabend trafen die ersten belgischen Touristen am Brussels Airport ein. Am Donnerstag wird die Rückholaktion weiter an Fahrt aufnehmen. 14 Flüge sind geplant.
Es gibt aber noch eine zweite Kategorie von Kunden, die von der Thomas-Cook-Pleite betroffen sind. Das sind diejenigen, die eine Pauschalreise gebucht und auch schon ganz oder teilweise bezahlt, aber noch nicht angetreten haben. Allein mit Reisedatum 2019 sind das schon 70.000 Kunden. Wie viele Menschen für das kommende Jahr eine Reise gebucht hatten, diese Zahl liegt noch nicht vor.
Was passiert jetzt mit diesen 70.000 Kunden? Nun, wenn der Urlaub unmittelbar jetzt ansteht, dann wird das nichts, sagt Mark De Vriendt vom Garantiefonds. In den nächsten Tagen jedenfalls wird kein Thomas-Cook-Kunde verreisen. Und was die Zukunft angeht, Fragezeichen. Das liegt ganz in der Verantwortung der Konkursverwalter. Die können entscheiden und dann auch die nötigen Dispositionen treffen, dass die Reisen stattfinden. Bis auf weiteres werde die Buchung jedenfalls nicht automatisch annulliert.
Wer also erst in ein paar Wochen in den Urlaub reisen sollte, der muss sich das noch nicht unbedingt abschminken. Dennoch: Im schlimmsten Fall würden also 70.000 Thomas Cook-Kunden in diesem Jahr nicht verreisen, sprich: auch kein Flugzeug nehmen. Und das wäre vielleicht erst der Anfang.
Unruhe bei Brussels Airlines
Und diese trüben Aussichten sorgen auch bei der Fluggesellschaft Brussels Airlines für merkliche Unruhe. Acht von zehn Kunden, die eine Thomas-Cook-Reise gebucht haben, werden nämlich von Brussels Airlines transportiert. Laut Gewerkschaftsangaben waren bislang zwei bis drei Flugzeuge ausschließlich für Thomas Cook im Einsatz.
Diese Flieger wird man gegebenenfalls jetzt anders vollkriegen müssen, sagte Didier Lebbe von der christlichen Gewerkschaft CNE in der RTBF. Jedes Flugzeug, das am Boden bleibt, kostet schließlich Geld.
Naja, und gerade die Rentabilität ist ja derzeit das Problem bei Brussels Airlines. Gerade erst hat ja die Direktion einen ehrgeizigen Plan vorgelegt, um sehr bald Zahlen vorlegen zu können, die der Muttergesellschaft Lufthansa besser gefallen. Die Pleite von Thomas Cook kommt also aus dieser Perspektive sehr ungelegen. Und die Gewerkschaften befürchten, dass das Personal am Ende für eine Krise bestraft wird, die gar nichts mit Brussels Airlines zu tun hat. Da trifft es sich gut, das für Donnerstag ohnehin eine Sitzung des Betriebsrates anberaumt war. Denn: Fragen gibt es zur Genüge.
Klar ist bisher, dass 75 Mitarbeiter in zwei bankrotten Filialen von Thomas Cook Belgien ihren Job verlieren. Sie werden am Donnerstag offiziell über ihre Entlassung informiert. Unsicher ist dagegen die Zukunft von mehr als 500 Beschäftigten in den belgischen Reisebüros von Thomas Cook und Neckermann. Die Direktion sucht nach einem Übernahmekandidaten für die Agenturen.
Roger Pint