23 Jahre Gefängnis, so das Urteil des Brüsseler Strafgerichts. Die Verurteilten: der ehemalige flämische Parlamentarier Christian Van Eycken und seine Lebensgefährtin Sylvia Boigelot. Beide wurden für schuldig befunden, Marc Dellea, den Ex-Mann von Sylvia Boigelot kaltblütig ermordet zu haben.
Van Eycken kann das Urteil nicht nachvollziehen, erklärte Dienstag sein Verteidiger Laurent Kennes: Sein Mandant sei enttäuscht, am Boden zerstört und unschuldig.
Was war passiert? Im Juli 2014 wird der damals 45-jährige Marc Dellea tot in seinem Brüsseler Appartement gefunden, mit einer Kugel in seinem Kopf.
Dellea und seine Frau Sylvia Boigelot befinden sich zu dem Zeitpunkt mitten im Scheidungsprozess. Sylvia Boigelot arbeitet für den flämischen Parlamentarier Christian Van Eycken und hat schon seit Jahren eine Affäre mit ihrem Chef. Man verdächtigt Sylvia Boigelot Dellea ermordet zu haben, und sie wird festgenommen.
Später tauchen dann Videoaufnahmen aus der Mordnacht auf. Zu sehen sind Sylvia Boigelot und ihr Geliebter Christian Van Eycken, wie sie beide Delleas Appartement verlassen.
Allerdings dauert es noch bis zum Januar 2016 bis Christian Van Eycken wegen Mordverdachts festgenommen wird. Der Grund: die parlamentarische Immunität des Abgeordneten der 'Union des Francophones' muss erst vom flämischen Parlament aufgehoben werden.
Es folgt die erste Panne. Der Untersuchungsrichter vergisst, den Haftbefehl zu unterschreiben. Der Haftbefehl ist deshalb ungültig und Van Eycken bleibt bis zum Prozess auf freiem Fuß.
Der soll im Dezember 2017 beginnen.
Doch dann folgt Panne Nummer Zwei: Van Eyckens und Boigelots Anwälte können aufgrund technischer Probleme angebliches Beweismaterial wie mitgeschnittene Telefongespräche nicht abhören und Videoaufnahmen nicht anschauen. Sie sind deshalb nicht in der Lage, ihre Mandanten korrekt zu verteidigen. Der Prozess wird auf März 2018 verschoben.
Doch auch bis dahin sind die technischen Probleme immer noch nicht gelöst. Außerdem glauben die Anwälte, dass nicht das Brüsseler Strafgericht zuständig ist, sondern der Assisenhof. Der Prozess wird erneut verschoben: auf November 2018.
Doch kurz vor Prozessbeginn ist ein wichtiges Beweisstück verschwunden: Die DVD mit den Videoaufnahmen aus der Mordnacht. Die Brüsseler Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Sabotage von Beweismaterial und findet auch die Täter: Christian Van Eycken und Sylvia Boigelot.
Im Juni 2019 kann der Prozess dann endlich beginnen. Anderthalb Jahre später als geplant und fünf Jahre nach der Tat. Die Staatsanwaltschaft fordert 25 Jahre Haft. Beide hätten das Opfer kaltblütig und feige ermordet.
Auch gibt es ein Motiv für den Mord: Das Ehepaar Dellea-Boigelot war sich nicht einig, was mit ihrer gemeinsamen Tochter nach der Scheidung passieren soll, erklärt der Anwalt der Eltern von Marc Dellea, Georges Nicolis.
Für das Gericht ein ausreichendes Motiv, Dellea aus dem Weg zu räumen und urteilt nun: 23 Jahre Gefängnis für beide.
Für die Sabotage des Beweismaterials können beide zusätzlich zu fünf Jahren Haft verurteilt werden. Der Prozess soll im Januar 2020 beginnen.
Delleas Mutter ist erleichtert aber auch traurig darüber, dass es soweit kommen musste. Und auch Delleas Vater ist froh, dass das alles jetzt ein Ende hat.
Ganz zu Ende ist es allerdings noch nicht. Van Eycken und Boigelot beteuern weiterhin ihre Unschuld und werden in Berufung gehen. Bis dahin bleiben sie auf freiem Fuß. Fluchtgefahr bestehe nicht, so das Gericht.
Volker Krings