Petra De Sutter ist gerade frisch ins Europaparlament gewählt worden. Die 56-jährige Groen-Politikerin war allerdings auch schon die vergangenen fünf Jahre auf der europapolitischen Bühne aktiv: als belgisches Mitglied der parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg.
De Sutter war auch diese Woche noch einmal in Straßburg, um dort bei der Wahl zum neuen Generalsekretär des Europarats dabei zu sein. "Lange hat Reynders tatsächlich als Favorit gegolten", sagte De Sutter Donnerstagvormittag in der RTBF.
Doch diese Woche habe man gemerkt, dass die Atmosphäre sich ein bisschen geändert habe. Die kroatische Außenministerin Marija Pejcinovic Buric habe sich besser präsentiert, als sie es noch im April getan habe. "Man hat auf den Fluren gehört, dass sie jetzt bessere Chancen hat, auch bei den Fraktionen der Sozialisten und der Grünen."
Im Europarat gibt es wie in anderen Parlamenten auch politische Gruppen. Die siegreiche Buric gehört der konservativen EVP-Fraktion an, die im Europarat die absolute Mehrheit stellt. Laut De Sutter konnte Buric im letzten Moment aber wohl auch bei den anderen Fraktionen punkten. Und das hat wohl nicht nur an dem verbesserten Auftreten von Buric im Vergleich zu den Vorwahlen im Frühjahr zu tun.
"Reynders hat immer mehr an Unterstützung verloren", analysiert De Sutter. Und das, obwohl auch er sehr präsent und sehr sichtbar diese Woche gewesen sei. "Aber dabei war er halt auch so, wie man ihn kennt. Das mag Strategie sein, aber einige Leute fanden, dass er ein bisschen zu selbstsicher aufgetreten ist."
Außerdem habe sicher der Faktor, dass Buric eine Frau ist, eine Rolle gespielt. De Sutter glaubt, dass viele es gut fanden, nach dem Norweger Thorbjørn Jagland als Generalsekretär des Europarats jetzt eine Frau zu wählen.
"Weniger Europa"
Und dann kommt die Begründung, die schockiert. "Es ist auch gesagt worden, dass Delegationen gewisser Länder - unter anderem die Russen, aber nicht nur - sich einen Generalsekretär gewünscht hätten, der nicht so stark ist. Der ein bisschen weniger kompetent ist als Herr Reynders. Das ist ein Paradox, aber leider kann das tatsächlich ein Grund sein."
Reynders ist also "zu kompetent" für den Europarat? De Sutter unterstreicht ihren Eindruck: "Ich glaube, dass es wirklich die starke, kompetente Persönlichkeit von Didier Reynders gewesen ist, die einigen Ländern Angst gemacht hat."
"Das ist eine Entwicklung, die man nicht nur im Europarat, sondern auch bei der Europäischen Union beobachten kann", fügt De Sutter hinzu: "Dass bestimmte Länder und bestimmte Parteien der Meinung sind, dass man etwas weniger Europa braucht, etwas weniger Menschenrechte. Dass das alles der Vergangenheit angehört und dass man jetzt zu etwas anderem übergehen sollte."
Sollten die Gründe, die die Groen-Politikerin De Sutter nennt, tatsächlich den Ausschlag für die Niederlage gegeben haben, so müssten sie tröstend auf den enttäuschten Reynders wirken. Große Kompetenz ist eigentlich eine Qualität. Dass Reynders keine Frau ist, dafür kann er nichts. Und die Tendenz, lieber weniger und ein schwaches Europa zu wollen, ist auch nichts, was in der Überzeugung von Reynders liegt.
Reynders scheint bei seiner Bewerbung im Europarat er selbst geblieben zu sein. Authentisch, wie man so schön sagt. Vorwerfen sollte man ihm das sicher nicht.
Kay Wagner
Nun, Reynders besitzt neben einiger Erfahrung auch ein sehr gut funktionierendes Gehirn und Durchsetzungsvermoegen.
Ich kann mir gut Vorstellen, dass andere Regierungen damit so ihre Probleme haben , mangels gleichwertigen Personal / Kandidaten !
Was Putin anbelangt, steigen seine Erfolgsaussichten in der EU nur dann, wenn ein Kandidat mit etwas weniger Intelligenz und Erfahrung diesen Topjob bekommt!