Nach dem Regenbogen, dem Olivenbaum, der schwedischen oder der Jamaika-Koalition, jetzt also: Die Klatschmohnregierung. Die Idee steht am Montag auf Seite eins der Zeitung Le Soir und sie stammt vom Ecolo-Ko-Vorsitzenden Jean-Marc Nollet. "Wir meinen damit eine 'offene' Regierung", sagte Nollet am Morgen in der RTBF. "Offen", das heißt konkret: ergänzt durch Minister aus der Zivilgesellschaft.
Und warum "Klatschmohn"? Erstmal wegen der Farben: Rot und Grün. Und dann eben, weil die Blume "nach außen hin offen sei", wie Nollet im Le Soir sagt. Den Rest muss da wohl die Phantasie erledigen.
In der Praxis wäre es jedenfalls so, dass man die rot-grüne Regierung aufstocken würde mit Leuten, die zum Beispiel aus der Welt der Nicht-Regierungsorganisationen oder der Vereinigungen kommen. "Nicht-Politiker" also. Und dafür gibt es einen ganz konkreten Grund, sagt Nollet: "Eine Lehre aus der Wahl vom 26. Mai ist doch die, dass die Menschen sich von der Politik zunehmend abkehren. In der Wallonie hat rund eine halbe Million Menschen weiß, ungültig oder nicht gewählt. Wir müssen diese Bürger zurückgewinnen", sagt Nollet. Er sei felsenfest davon überzeugt, dass die Politik eine Frischzellenkur brauche: "Wir müssen Fenster und Türen öffnen."
Nollet mag das ernst meinen. Nur weiß jeder, dass es da noch einen anderen Grund gibt für diesen Vorstoß. PS und Ecolo hätten zusammen keine Mehrheit in der Wallonie. Dieser Klatschmohn wäre immer noch eine Minderheitsregierung. Sprich: Man braucht bei jeder Abstimmung Unterstützung aus der Opposition.
Wer soll das denn sein? Auf diese Frage habe er noch keine Antwort, gibt Nollet offen zu. Der Appell richte sich an alle Abgeordneten, an die CDH, die PTB, und wer weiß, vielleicht sogar die Liberalen.
Apropos Liberale: Um die geht es nämlich eigentlich. Konkret: Es ist offensichtlich, dass die Grünen und wohl auch die PS die Liberalen lieber nicht ins Boot nehmen würden. PS-Chef Elio Di Rupo hatte sogar am Wochenende, trotz des Clashs in der vergangenen Woche, die PTB doch nochmal zu neuen Verhandlungen eingeladen. Die Marxisten haben aber schroff abgelehnt. Die CDH hatte ja schon angekündigt, auf allen Ebenen in die Opposition gehen zu wollen.
Heißt also tatsächlich: Entweder, man nimmt die Liberalen mit. "Dabei hat der Wähler die letzte Regierung doch schließlich mit Pauken und Trompeten abgewählt", sagt Nollet. Oder eben, man versuche es mit einer Minderheitsregierung, eben dem Klatschmohn. Und wann könnte es soweit sein? "Naja", sagt Nollet: "Der Klatschmohn blüht bis Ende Juli und dann aber auch nochmal im September."
Minderheitsregierung, das ist so ein bisschen das Wort der Stunde seit drei Wochen. In Flandern verhandelt N-VA-Chef Bart De Wever weiter mit dem rechtsextremen Vlaams Belang. Beide zusammen hätten keine Mehrheit. Hier ist eine mögliche Unterstützung aus der Opposition im Grunde aber noch unwahrscheinlicher. Denn: Die übrigen Parteien lehnen eine Zusammenarbeit mit dem rechtsextremen Belang nach wie vor prinzipiell ab.
Warum verhandelt De Wever dennoch weiter? Zeitungskommentatoren glauben, dass er immer noch versuchen will, die Rezepte des Vlaams Belang zu entzaubern. Außerdem schaffe die N-VA so aber auch eine flämisch-nationalistische Drohkulisse und verleihe ihrer Forderung nach einer neuen Umordnung des Staates zusätzlichen Nachdruck.
Damit muss man eigentlich schon gar nicht mehr weiter erläutern, wie es wohl auf der föderalen Ebene läuft. Zeitungen sprechen von einer "totalen Blockade". Viel mehr werden die Informatoren dem König wohl auch nicht berichten können. Man geht aber davon aus, dass das Staatsoberhaupt die Mission von Didier Reynders und Johan Vande Lanotte erstmal verlängern dürfte.
MR reagiert mit Ablehnung auf Klatschmohn-Regierung
In der Wallonie hat die liberale MR mit Ablehnung auf eine Minderheitsregierung zwischen PS und Ecolo reagiert. Die Liberalen hätten kurze Zeit in einer Minderheitsregierung arbeiten müssen. Eine ganze Legislaturperiode von fünf Jahren so zu überstehen, sei ein Abenteuer und absolut zu vermeiden, so der amtierende wallonische Ministerpräsident Willy Borsus.
Auch die CDH sieht eine rot-grüne Minderheitsregierung skeptisch. Lediglich Défi zeigte sich offen: Man müsse alle Szenarien durchspielen, um zu einer Lösung zu kommen, so Parteichef Olivier Maingain.
Der Wallonische Unternehmerverband warnte vor der sogenannten "Klatschmohn-Regierung". Man brauche stabile Mehrheitsverhältnisse, um wirtschaftliche Reformen anzugehen. (rtbf/dop)
Roger Pint