Wildes Durcheinanderreden, weil der eine etwas gesagt hatte, was dem anderen nicht passte: Zu einer richtigen Wahldebatte gehört das einfach dazu. Und am Mittwoch war es wieder zu hören. Zum Glück nicht nur einmal. Dafür waren auch die Parteien und ihre Interessen zu unterschiedlich. Vor allem zwischen MR und Ecolo, zwischen Charles Michel und Jean-Marc Nollet, krachte es immer wieder.
Ein Verbot, dem anderen ins Wort zu fallen, gab es dann ganz am Schluss. Eine Minute, um ungestört in selbstgewähltem Stil Werbung für seine Partei zu machen. Die PTB konnte das nicht machen, weil ihr Vorsitzender Peter Mertens es vorgezogen hatte, statt in der RTBF im flämischen Fernsehen den Abend zu verbringen.
CDH
Laut Lost sollte dann Maxime Prévot als erster die Zuschauer überzeugen, warum sie am Sonntag für die CDH stimmen sollten: "Wir als CDH wollen der Maxime folgen, die Lebensqualität eines jeden Menschen zu verbessern. Egal, in welchen Lebensumständen er sich befindet. Wir wollen zusammenführen statt spalten. Das versprechen wir, und das werden wir auch halten." Ein schönes Projekt also von der CDH - ohne wirklich zu sagen, was die Partei konkret machen will.
MR
Dann kam Charles Michel an die Reihe, der aktuelle Premierminister und Chef der liberalen MR. "Unser Ziel ist es, diejenigen zu unterstützen, die die Ärmel hochkrämpeln, die arbeiten", sagte er. "Wir wollen die wirtschaftliche Entwicklung der Selbständigen fördern, der kleinen und mittleren Unternehmen. Die finanziellen Lasten wollen wir verringern." Klare Botschaft also von Michel: Mit der MR wählt man eine klassische liberale Partei. Arbeit soll belohnt werden. Kein Wort von Michel zu denen, die keine Arbeit haben.
Ecolo
Auf Michel folgte dann Jean-Marc Nollet. Der Ecolo-Co-Parteivorsitzende kam etwas in Zeitnot, weil er zunächst heftig gegen die drei klassischen Parteien MR, CDH und PS austeilte. Um dann zu sagen: "Jetzt gibt es die Chance, etwas anders zu machen. Wer für Ecolo stimmt, stimmt gleichzeitig für eine Regierung ohne die N-VA. Wer sich für Ecolo entscheidet, entscheidet sich für das Bemühen um eine gerechtere Welt, eine grünere Erde, ein schöneres Leben. Und das für alle." Also auch bei Nollet das klassische Bild einer Grünen-Partei. Konkrete Maßnahmen gab es aber auch bei ihm nicht.
Défi
Für Défi warb der Parteivorsitzende Olivier Maingain mit folgenden Worten: "Défi schlägt gerechte, ausgewogene und notwendige Lösungen vor, um die Gesellschaft als Kollektiv voranzubringen. Dabei wollen wir Anstrengungen belohnen, Verantwortungsbewusstsein, aber auch Solidarität, damit sich niemand ausgeschlossen fühlen muss." Ein liberal-sozialer Werbespruch also von Défi, mit dem Maingain den Wurzeln der Partei treu blieb.
PS
Als letzter durfte dann PS-Parteichef Elio Di Rupo werben. "Die PS ist eine seriöse, linke Partei, die die Fähigkeit hat, um sich herum andere Parteien zu versammeln, um ein sozial-politisch weitreichendes Programm zu vertreten, worin die medizinische Versorgung der Menschen eine wichtige Rolle spielt, die Kaufkraft, der Umweltschutz sowie die Rechte und Freiheiten aller Bürger", betonte Di Rupo.
Damit blieb auch Di Rupo sozialistischen Grundwerten treu, so dass als Fazit am Ende steht: Die Werbeminuten der Parteivorsitzenden brachten viel Klassisches und wenig Konkretes. Wahlentscheidend werden sie nicht gewesen sein. Die abendliche Debatte hätte gut und gerne auch ohne sie zu Ende gehen können.
Kay Wagner