Der Aktionstag der FGTB so kurz vor den Wahlen, mit einer Hauptveranstaltung, die bewusst in Wavre, dem Wohnort von MR-Premierminister Charles Michel stattfand, hat der wallonischen Regierung gar nicht gefallen.
Doch statt das alles gelassen über sich hinwegziehen zu lassen, ging die MR auf die Provokation ein. Schon am Dienstag polterte der wallonische MR-Wirtschafts- und Arbeitsminister Pierre-Yves Jeholet heftig gegen die FGTB. "Mir reicht es jetzt mit dieser FGTB, die für alles und nichts auf die Straße geht", sagte er bei der RTBF. "Sie vertritt nicht mehr die Arbeiter. Das sind politische Demonstrationen. Das ist eindeutig. PS, FGTB, PTB und selbst Ecolo - das ist heutzutage alles ein und dasselbe."
Verärgerung auch bei MR-Ministerpräsident Willy Borsus. Ihn brachten vor allem die zum Teil massiven Ausfälle bei der Nahverkehrsgesellschaft TEC auf die Palme. Dabei hatten sich Regierung und Gewerkschaften erst zu Beginn des Jahres darauf geeinigt, einen Minimaldienst im Falle von Streikaktionen zu garantieren. Er wolle überprüfen, inwieweit die Muttergesellschaft der TEC für die Ausfälle finanziell zur Kasse gebeten werden könne, kündigte Borsus am Dienstag an.
In diesem Fall will die Regierung aber gleichzeitig vermeiden, dass letztlich die Kunden der TEC auch von den finanziellen Strafen indirekt betroffen werden könnten. Denn diese Kunden hätten am Dienstag schon genug Schaden durch die TEC erlitten.
CDH-Verkehrsminister Carlo Di Antonio brachte dann am Mittwoch auch eine andere Idee ins Spiel. Nicht die TEC, sondern die FGTB direkt solle bestraft werden. "Man muss eine Möglichkeit finden, die Gewerkschaft zu sanktionieren. Die sozialistische Gewerkschaft hat die TEC für eine rein politisch motivierte Kampagne missbraucht", so Di Antonio.
Die FGTB habe bei der Auslegung der Vereinbarung zum Minimaldienst Wortklauberei betrieben. Am Dienstag hätte sie für einen Minimaldienst sorgen müssen. Das gebe die Vereinbarung eindeutig her. "Wenn es eine Aktion der Gewerkschaft gibt, dann soll die TEC natürlich gerne vertreten sein mit einer Delegation", sagte Di Antonio. "Aber im Unternehmen, in dem immerhin 5.000 Arbeitnehmer beschäftigt sind, darf diese Delegation von 100 oder 200 Personen nicht dazu führen, dass die anderen 4.800 Arbeiter ihrer Arbeit nicht nachkommen."
An der FGTB bzw. ihrer Abteilung für die Angestellten im öffentlichen Dienst, der CGSP, prallen diese Anschuldigungen ab. Am Dienstag hätte keine Pflicht bestanden, für einen Minimaldienst bei der TEC zu sorgen, sagt CGSP-Präsident Johan Lambert. Und teilt dann seinerseits Richtung Regierungsparteien aus: "Das ist mal wieder ein klarer Beweis für die rechte Politik", sagte Lambert.
"Man versucht zu zeigen, dass die TEC nicht funktioniert. Alles läuft nicht richtig, also privatisieren wir die TEC. Aber das Problem bleibt auch dann das gleiche. Auch bei privaten Arbeitnehmern wird gestreikt. Auch da ist eine Verständigung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nötig."
Kay Wagner