Verantwortlich sei hingegen die Antwerpener Justiz, sagte Geens. Der Justizminister will sich den Schuh nicht anziehen. Wenn in Antwerpen was schiefgelaufen ist, dann liege das allein in der Verantwortung der örtlichen Justizbehörden, so seine Botschaft.
Die Frage ist nach wie vor, warum Steve Bakelmans, der mutmaßliche Mörder von Julie Van Espen, noch auf freiem Fuß war. 2017 war er zu vier Jahren Haft verurteilt worden, wegen einer zweiten Vergewaltigung. Er musste aber die Strafe zunächst nicht antreten, weil er Berufung gegen das Urteil eingelegt hatte.
Ihn sofort nach der Urteilsverkündung festzunehmen, dafür gab es keine gesetzliche Grundlage. Dennoch muss man feststellen, dass auch zwei Jahre danach die Akte immer noch nicht von einem Berufungsgericht behandelt wurde.
Aber er könne noch nicht die Verantwortung übernehmen für die interne Organisation eines Appellationshofes, sagte Geens in der VRT. Die Justiz sei unabhängig und autonom. Allein die Magistratur entscheide über die Prioritäten und die Funktionsweise.
Die Antwerpener Justiz macht Koen Geens dennoch für die Verschleppung der Akte verantwortlich, genauer gesagt die von ihm durchgesetzten Sparmaßnahmen.
Roger Pint
Mit Geld für die Justiz kann man eben keine Wahlen gewinnen. Den Wähler interessiert paradoxerweise Gerechtigkeit, und dass Recht angewandt wird, aber nicht Justitia, die Hüterin des Rechts.
Das Ergebnis ist ein weiterer tragischer Todesfall, weil die Gerichte aufgrund fehlender Mittel nicht in der Lage sind, ihre Aufgabe gebührend wahrzunehmen. Mit freundlichen Grüßen an die Exekutive, die die Judikative kaputtspart, um ihre Macht auszuhebeln.
Der Fall ist ferner eine Konsequenz des ewigen innerbelgischen Konflikts zwischen Justizministern, die seit den 1980ern vorwiegend aus der dogmatisch-konservativ christlichen Parteienfamilie stammen, und einer adogmatisch, freidenkerisch geprägten Justiz. Der Leidtragende ist wie immer der Bürger.