Der Genter Uniprofessor Lieven De Marez hat sich bereits einen Namen mit einer breiten Untersuchung unter tausenden Jugendlichen gemacht. Von denen hatten rund die Hälfte angegeben, dass sie ein starkes Abhängigkeitsgefühl in Sachen Smartphone haben.
Für De Marez ist das noch kein Grund zur Panik. Denn das Gefühl der Jugendlichen heiße noch nicht, dass sie auch wirklich süchtig sind.
Aber es sei nun die Zeit gekommen, achtsamer mit dem Gerät umzugehen, damit die zeitraubenden Anwendungen nicht die Kontrolle über unser Leben übernehmen.
Für De Marez sind Schüler und Studenten gar nicht mal die problematischste Gruppe. Durch die Ablenkung verlieren sie vielleicht einige Punkte in der Schule. Aber diese Folge sollte man nicht dramatisieren. Jugendliche hätten halt mehr Zeit und schon immer den Drang gehabt, mit anderen Jugendlichen in Kontakt zu treten.
Problematischer wird es erst in der nächsten Lebensphase, wenn sie Beruf und Familie haben. Denn dann wird Zeit kostbar. Und oft denken sie, dass sie den ganzen Arbeitstag produktiv waren, während sie in Wirklichkeit ganz unbewusst ein, zwei Stunden auf dem Smartphone vergeudet haben. Abends fühlt man sich dann erschöpft, weil das Private und das Berufliche aus dem Gleichgewicht geraten sind.
Dass ein Smartphone süchtig machen kann, weil es unser Belohnungssystem im Gehirn ständig triggert, wissen wir. Uniprofessor De Marez empfiehlt daher, dass man ein Smartphone wie ein Hundewelpen betrachtet. Neue Hundebesitzer müssen oft am Anfang feststellen, dass nicht sie mit dem Hund, sondern der Hund mit ihnen spazieren geht. Und wenn man so ein Tier lässt, dann hat man schnell verloren.
Es sitzt dann mit am Tisch, auf dem Sofa, kommt mit ins Bett, gräbt in der Handtasche, oder will gar mit ans Autosteuer. Die meisten Hundehalter bekommen das schnell in den Griff und der Hund weiß, was er darf und was nicht.
Für ein Smartphone sollten aber auch solche Regeln gelten: Regeln, die sagen, wo wir es benutzen und wo nicht.
Also viel Zeit könne man gewinnen, wenn man seine Nachrichten zu festgelegten Uhrzeiten liest. Besonders Teenager sollten auch ganze Zeitblöcke ohne Smartphone aushalten können. Ihr Gehirn entwickelt sich noch. Sie müssen zum Beispiel noch lernen, sich lange auf etwas zu konzentrieren. Da sollten wir als Eltern oder Lehrer auch ein Vorbild sein. So könnte man zum Beispiel absprechen, dass man zwischen 18 und 20 Uhr kein Smartphone gebraucht. Wenn der Jugendliche danach noch eine halbe Stunde "whatsappen" möchte, sei das auch in Ordnung.
Von einem kompletten Smartphoneverbot in der Schule hält De Marez auch nichts. Teenager sollten lernen, wie man vernünftig mit dem Handtaschencomputer umgeht, der ja auch hier und da mal nützlich beim Lernen sein kann.
Buch: Lieven De Marez, "Ken je digitaal DNA" (Verlag Pelckmans Pro, 180 S., 25 Euro)
knack/mz/rasch