"Die Simulationen des Planbüros zeigen: Eine Maut ist unvermeidlich, auch wenn sie nicht populär ist", sagte N-VA-Chef Bart De Wever im März vorigen Jahres in einer TV-Debatte zu den Kommunalwahlen
Und auch sein Parteigenosse und flämische Minister für Mobilität, Ben Weyts, verteidigte lange Zeit die Pkw-Maut als Alternative, um der Verkehrsbelastung entgegenzutreten und den Verkehrsfluss zu steuern. Mit der Einführung einer Pkw-Maut könnte die Autosteuer abgeschafft werden, was auch mit den Einnahmen von ausländischen Autofahrern, die bisher nichts zahlen, gegenfinanziert würde, so Weyts damals.
Doch jetzt, kurz vor den Wahlen am 26. Mai, die plötzliche Kehrtwende: Für eine Pkw-Maut gebe es keine Unterstützung, weder politisch, noch in der Bevölkerung, sagte Weyts Dienstagabend in Terzake im flämischen Fernsehen. Eine Pkw-Maut könne sicherlich Teil einer Lösung sein. Aber die politische Unterstützung sei nirgends mehr zu spüren.
Das hat sicherlich auch einen Grund: Der rechtsextreme Vlaams Belang machte in den letzten Tagen ordentlich Wind gegen die von ihm so getaufte "Ben-Taks". Zielscheibe Weyts wischt den Vorwurf, die Kampagne sei der Auslöser für sein Zurückrudern gewesen, weg. Der Vlaams Belang habe zwar auf Mann gespielt, aber darum gehe es nicht. Vielmehr ginge es darum, Dinge zu verwirklichen. Und von den anderen Parteien, die für eine Verkehrsmaut seien, da höre man seit Wochen nichts mehr, so Ben Weyts.
Unterstützung oder nicht, Verkehrsexperten sehen in einer "intelligenten" Pkw-Maut ein wirksames Mittel, den Verkehr zu lenken und das Stauproblem einzudämmen. Verlor Ben Weyts also jeglichen politischen Mut, um eine sinnvolle, aber unpopuläre Maßnahme umzusetzen? Der Mobilitätsminister widerspricht: Die Debatte sei sowohl von Befürwortern als auch Gegnern vergiftet worden.
Beide Seiten hätten extreme Szenarien aufgebaut, den Menschen sei Angst gemacht worden. Die dachten, sie bekämen dieses Jahr noch eine Rechnung von Tausenden Euro präsentiert. Doch auch wenn die Verkehrsmaut jetzt nicht kommt: Ben Weyts will nicht die Füße hochlegen. Nichtstun sei keine Option.
Die Staus seien im vergangenen Jahr erstmals wieder weniger geworden. Und die Investitionen in die Staubekämpfung seien um ein Drittel auf zehn Milliarden Euro erhöht worden. Nichtsdestotrotz: In der kommenden Legislaturperiode muss da noch ein Quantensprung nach oben folgen – Ben Weyts spricht von 15 Milliarden Euro. So will er in den nächsten fünf Jahren die großen Brennpunkte wie das Oosterweel-Projekt in Antwerpen und den Brüsseler Ring anpacken. Hinzu kommen mehr Mittel für die Fahrradinfrastruktur. Davon erhofft sich der Mobilitätsminister Schneeballeffekte.
Apropos nächste Legislatur: Weyts bezweifelt, dass die nächste flämische Regierung – wie auch immer sie aussehen mag – eine Pkw-Maut einführen wird. Die komme nur, wenn Weihnachten und Ostern zusammenfielen oder jeder seine Marschrichtung verändere. Bis dahin sieht er keine politische Unterstützung für solch ein Projekt.
Der Automobilverband Febiac hat sich kritisch zu der Abkehr von der geplanten flämischen Mautgebühr geäußert. Die Politik habe sich nicht ausreichend um die Gestaltung dieser Idee bemüht, sagte Febiac-Sprecher Joost Kaesemans, vor allem nicht, seit Experten eine hohe Abgabe gefordert hatten, um eine möglichst große Wirkung zu erzielen.
Eine Kilometerpauschale wäre auch ein geeignetes Mittel, um Steuerverluste auszugleichen, die künftig zu erwarten sind, wenn mehr Elektroautos fahren und dadurch die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer auf Benzin und Diesel sinken.
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