Die Zeitung La Dernière Heure hat eine Untersuchung von Test-Achats veröffentlicht. Die Verbraucherorganisation hat angeblich "hausgemachte" Produkte in den Supermärkten auf den Wahrheitsgehalt der Angaben auf dem Etikett geprüft. Das Ergebnis ist schon auf der Titelseite in rot zu lesen: 52 Prozent der Etiketten lügen!
Geschwindelt wird vor allem bei Lebensmitteln, von denen der Hersteller oder Händler verspricht, dass sie hausgemacht sind. Da steht drauf: "à l'ancienne", "façon Grand-Mère" (nach Großmutters Art) oder auch beliebt "Maître Pâtissier". Damit treffen die Hersteller den Nerv vieler Kunden, denn hausgemacht klingt gesund und ist deshalb sehr im Trend.
Die Zeitung nennt auch konkrete Beispiele für Etikettenschwindel - mit Namen und Abbildung des Produkts, darunter zum Beispiel ein Fertiggericht mit Vol-au-Vent. Die Verpackung trägt die wohlklingende Aufschrift: "recette traditionelle". Test-Achats sagt dazu, dass der Kunde, wenn er "traditionell" hört, gleich denkt, da sind Zutaten drin, die die gute Hausfrau schon immer in der Küche hatte. Tatsächlich aber enthält das Produkt jede Menge künstliche Zusatzstoffe wie Phosfate, Dextrose, Glucose etc.
Anderes Beispiel: Pfannkuchen vom "Chef pâtissier Gaulthier ". Klingt gut und hat eine ansprechende Verpackung: ein Logo mit Bäckerhaube und Schnauzbart. Der Kunde soll denken, das ist ein Pfannkuchen, den ein Meister seines Fachs gemacht hat. Dem ist natürlich nicht so, die Crèpes kommen aus der Großbäckerei, sind also ein Industrieprodukt. Für Test-Achats ist das Schwindel, weil viele Verbraucher ein Produkt auch nach dem Look der Verpackung auswählen.
2017 wurden die Regeln für Produktkennzeichnungen in Belgien nochmal verschärft - und tatsächlich auch verbessert, sagt Test-Achats. Aber es gibt halt noch eine Grauzone, denn nur der Begriff "artisanal" ist geschützt - alle anderen Attribute wie "nach Großmutterart" oder "nach traditionellem Rezept" sind es nicht. Und für die Bilder auf den Verpackungen gibt es kaum Regeln, obwohl gerade auch Fotos dem Verbraucher vermitteln können: Das ist ein hausgemachtes und deshalb gesundes, vernünftiges Produkt. Hinzu kommt, dass die strengeren Regeln, die Belgien eingeführt hat, für importierte Produkte natürlich nicht gelten.
Das Ganze ist besonders ärgerlich, wenn man bedenkt, dass die Produkte meistens auch noch teurer sind. Genau das macht den Etikettenschwindel aber auch so attraktiv. Wie La Dernière Heure schreibt, sind viele Verbraucher bereit, für ein "hausgemachtes" Produkt mehr Geld zu geben. Die Studie der Zeitung zeigt, dass wohl auch mehr Menschen zu diesen Lebensmitteln greifen. Das wiederum beflügelt die Hersteller, öfter mal "artisanal" oder "recette traditionelle" aufs Etikett zu drucken.
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