Wer an gefährliche Tiere in fernen Ländern denkt, der hat wohl erstmal Raubkatzen, Schlangen oder Krokodile vor Augen. Nicht falsch. Der größte Killer in den Tropen, der dürfte aber ein ganz kleiner sein. Die Rede ist von der gemeinen Steckmücke - mit der Betonung auf "gemein". Die kleinen Biester übertragen nämlich eine ganze Reihe von gefährlichen Krankheiten: Malaria, oder auch Virusinfektionen wie Chikungunya- oder Gelbfieber, Dengue oder Zika, um nur die geläufigsten zu nennen.
Der bekannteste dieser kleinen Plagegeister, das ist die Tigermücke. Klingt schon nach einem Raubtier, ihren Namen trägt sie aber wegen ihres schwarz-weißen Streifenmusters.
Nach dieser Tigermücke wird inzwischen europaweit gefahndet. Man will Aufschlüsse darüber, wie sie sich verbreitet, und vor allem: wohin und wie schnell. In Belgien beteiligt sich das Antwerpener Institut für Tropenmedizin an der Erhebung. Ganz konkret sind ein bisschen überall im Land regelrechte Mückenfallen aufgestellt worden: Kästen, die Lockstoffe wie etwa CO2 ausstoßen. Kommt eine Mücke zu nah, dann wird sie angesaugt.
Wichtigste Feststellung: Die Tigermücke verbreitet sich schneller als bislang gedacht. Im vergangenen Jahr gingen den Forschern zwischen Mai und September 68 Tigermücken ins Netz, so viele wie noch nie. Am häufigsten passiert das da, wo sie sozusagen als blinde Passagiere ankommen: an Häfen oder Flughäfen. Denn immer noch werden die meisten dieser tropischen Insekten eingeschleppt, meist über Warenladungen, beliebt sind zum Beispiel Zierbäume. Über diesen Weg ist die Tigermücke auch eigentlich erst nach Europa gelangt. Ursprünglich kommt sie aus Südostasien: China, Indien, Indonesien, Thailand, Vietnam, Japan.
"Wir haben allerdings im vergangenen Jahr auch erstmals die Tigermücke auf Rastplätzen an der Grenze zu Frankreich gefangen", sagt der Forscher Wim Van Bortel vom Institut für Tropenmedizin, "das kann ein Indiz dafür sein, dass die Mücke es jetzt schon aus eigener Kraft nach Belgien schafft. Wir gehen aber erstmal noch davon aus, dass auch diese Insekten eingeschleppt wurden: über den Straßenverkehr."
Denn, es ist so: In Südfrankreich und auch in Italien tritt die Tigermücke inzwischen regelmäßig auf, in gewissen Gegenden ist sie wohl fast schon heimisch geworden. Und sie ist eben auf dem Vormarsch. Innerhalb der letzten zehn Jahre ist die Tigermücke jedes Jahr 100 Kilometer weiter nach Norden vorgerückt. "Da ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis sie auch Belgien erreicht", sagte auch Forscher Wim Van Bortel in der VRT.
Bislang ist es so, dass die Tigermücke in Belgien noch nicht wirklich überleben kann. Heißt: Selbst, wenn sie eingeschleppt wird, kann sie sich hier nicht festigen, weil sie oder ihre Nachkommenschaft den Winter nicht überlebt. Was nicht ist, das kann aber noch werden. Es reicht, wenn man sich die Temperaturen der letzten Wochen anschaut. "Unser Klima ist langsam aber sicher günstig genug für die Tigermücke", sagt Wim Van Bortel auch in der Zeitung Gazet van Antwerpen.
Heißt das jetzt, dass wir uns schon bald den auf ersten, in Belgien ausgelösten Fall von Gelbfieber einstellen müssen, den niemand aus dem Urlaub mitgebracht hat? "Ausgeschlossen ist das nicht", muss Wim Van Bortel zugeben, "wir haben schon ganz vereinzelt solche Fälle gesehen, etwa in Frankreich oder Italien."
"Aber, jetzt keine Panik", fügt der Forscher gleich hinzu. Das Insekt schleppt nicht automatisch die Krankheit ein, mit der es in Verbindung gebracht wird. Erstmal ist es so, dass die Mücken immer erst mit einer Infektionsquelle in Berührung kommen müssen, sprich: mit einem infizierten Lebewesen. Und, zweitens: Damit Mücken wirklich zum Problem werden und Krankheiten zu übertragen, bedarf es einer recht großen Population. Erst das erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Infektion auf ein signifikantes Maß.
Genau deswegen muss man aber eben die Verbreitung der tropischen Mücken genau beobachten. Geht ein Insekt ins Netz, dann wird auch alles drangesetzt, um die Mücken und auch ihre Larven und Brutplätze unschädlich zu machen. "Wir können die Tigermücke wohl auf Dauer nicht fernhalten", sagt der Forscher, "wir können sie aber unter Kontrolle halten."
Roger Pint