Die Zutaten erscheinen für den Laien einfach: Man nehme ein Sonnenpaneel, wie man es von Hausdächern kennt. An der einen Seite muss es so gestaltet sein, dass Luft ins Innere des Paneels dringen kann. An der anderen Seite befestigt man ein großes Reagenzglas. Vom Inneren des Reagenzglases aus führt ein Röhrchen in das Innere des Paneels. Das alles stellt man nach draußen an die Luft, schaltet es ein, und schon nach wenigen Minuten sieht man, wie in einer durchsichtigen Flüssigkeit in dem Reagenzglas Bläschen aus dem Röhrchen aufsteigen, das aus dem Sonnenpaneel kommt.
Tom Bosserez, der an dem Forschungsprojekt mitarbeitet, erklärt: "Als Ausgangsstoff brauchen wir Wasser für unser Projekt. Unser Wasser kommt aus der Luft. Die Luft hat genug Wasser, damit wir etwas damit anfangen können. Die Luft kommt also von der einen Seite in unser Paneel hinein. Zur gleichen Zeit kommt Sonnenenergie von der Frontseite des Paneels hinzu. Beides wird in Wasserstoff umgewandelt, der dann hier an der anderen Seite herauskommt."
Das alles hört sich ziemlich einfach an. Ist aber natürlich äußerst kompliziert. Denn die Wasserstoffmoleküle aus der Luft zu trennen, ist keine leichte Aufgabe. Professor Johan Martens, der das Projekt betreut, sagt: "Das ist eine einmalige Kombination von Physik und Chemie. Wir brauchen beides. Wenn die dann genau aufeinander abgestimmt werden, kann man das Problem lösen. Und das ist dann der Heureka-Moment, wo man sagt: Wow!"
Seinen ersten "Wow-Moment" hatte Professor Martens vor rund zehn Jahren. Da, so erzählt er es heute, hatte er es das erste Mal geschafft, mit seinem System Wasserstoff aus der Luft zu holen. "Aber am Anfang hatten wir nur ganz mickrige Ergebnisse, 0,1 Prozent Erfolg", erinnert er sich. "Da musste man echt suchen nach den Wasserstoffmolekülen. Heute kommen da ganze Bläschen heraus. Zehn Jahre Arbeit stecken da drin."
Praxistest
Und warum ist das alles jetzt so revolutionär? Die Antwort liegt auf der Hand, wenn man weiß, wofür Wasserstoff alles gut sein kann: Man kann mit ihm sowohl Strom als auch Wärme produzieren. Autos zum Beispiel fahren bereits mit Wasserstoff. Man kann ihn für die Elektrizitäts- und Wärmeproduktion im Haus einsetzen. "Mit 20 von solchen Paneelen kann man im Winter ein ganzes Haus sowohl beheizen als auch mit Strom versorgen. Und wenn man nochmal 20 Paneele dazu tut, dann kann man auch noch ein ganzes Jahr lang ein Wasserstoffauto betanken", rechnet Projektmitarbeiter Jan Rongé vor.
Die Paneele kommen dabei einfach auf das Dach des Hauses - so wie heute schon die Solarpaneele. Doch ob das alles in der Praxis so gut funktioniert, wie sich die Forscher das vorstellen, wird jetzt zunächst getestet. Ein Wohnhaus in Oud Heverlee bei Löwen wird jetzt mit mehreren dieser Wasserstoff-produzierenden Paneele ausgerüstet. Sollten die ersten Ergebnisse gut sein, könnten weitere Häuser zum Test hinzukommen.
Patent schon hinterlegt
Zwei Jahre soll der Test dauern - und dann, wenn alles erfolgreich war, könnte die Revolution starten. Das Patent für die Erfindung ist wohl schon hinterlegt. Das System könnte zu einem niedrigen Preis auf den Markt kommen - zumindest ist das der Wille der Forscher.
Und einsetzbar wäre das System überall auf der Welt. Überall dort, wo es Sonne und Wasserdampf in der Luft gibt. Und das gebe es überall in der Welt, sagt Professor Martens. "Selbst an den trockensten Orten der Welt ist noch genug Wasserdampf in der Luft, damit unser System funktioniert."
Kay Wagner