"Adelaarsnest", Adlerhorst, steht auf einem Schild über dem Garten. Andere Symbole sind eindeutiger: SS-Runen auf dem Schornstein, auf dem anderen eine Hakenkreuzfahne. "Hitler" steht auf dem Fallrohr der Regenrinne. Und dann noch mitten im Vorgarten: Eine Holzpuppe, die den rechten Arm zum Hitlergruß hebt, auch das Schnauzbärtchen fehlt nicht.
Bilder, die keinen Zweifel offenlassen, schockierende Bilder. Bilder, die zu allem Überfluss nicht neu sind. Vor fünf Jahren war dieses "Nazi-Haus" von Keerbergen schon einmal durch die Presse gegeistert. Das hatte damals schon heftigen Wirbel ausgelöst. Den Besitzer scheint das nicht gestört zu haben. Er hat in den letzten Jahren sogar noch neue grässliche Symbole hinzugefügt.
"Das geht schon seit 15, 20 Jahren so", sagte ein Nachbar in der RTBF, der unerkannt bleiben wollte. Überall Hakenkreuze, überall Adolf Hitler, "HH" für Heil Hitler.
"15-20 Jahre? Das darf doch nicht wahr sein", denkt sich da wohl so mancher. "Also, ich bin geschockt", sagt auch Joël Rubinfeld von der Belgischen Liga gegen Antisemitismus. Zumal der Besitzer sich offensichtlich nicht beirren lässt, trotz Medienrummels, trotz gerichtlicher Ermittlungen macht der einfach weiter. Das muss wohl damit zu tun haben, dass er ein Gefühl von totaler Straffreiheit hat", meint Joël Rubinfeld.
Besuch im "Nazi-Haus"
Der RTBF-Journalist will den Besitzer selbst fragen. Mit seinem Kameramann klopft er an die Tür. Da steht ein älterer, überraschend freundlich dreinschauender Herr in Armeekleidung. Es ist der 75-jährige Georges Boeckstaens, ein ehemaliger Berufssoldat. Auch die Kamera scheint ihn nicht weiter zu verunsichern oder zu stören. Bereitwillig stellt er sich den Fragen des Journalisten.
Mit fast entwaffnender Nonchalance erklärt Georges Boeckstans, dass er seit Jahren alle Bücher über das Dritte Reich lese. Und alles, was er sage, also das stehe auch in diesen Büchern. Mit der Zeit sei er jedenfalls zu einem richtigen Hitler-Fan geworden.
Das klingt fast schon zu naiv, um wahr zu sein. Joël Rubinfeld stößt hinzu: "Also, sie sehen da kein Problem?", fragt er den alten Mann. "Sie stellen hier Hitler-Propaganda zur Schau. Finden Sie das normal?" Georges Boeckstans scheint nicht zu verstehen, was man von ihm will: "Wissen Sie, alles, was ich hier zeige und schreibe, das ist doch passiert. Nicht vergessen: In den 30er Jahren waren viele Menschen begeistert von Hitler, das stimmt doch alles!"
Der Mann ist sich offensichtlich keiner Schuld bewusst, oder er spielt nur den netten Unwissenden. Joël Rubinfeld zieht daraufhin das emotionale Register: "Sie, mein Herr, Sie haben seinerzeit ihre Schuldbildung abschließen können. Mein Vater nicht. Der musste sich im Krieg verstecken. Und ihm wurde sein Vater genommen, der in Auschwitz ermordet wurde."
Rechtfertigung
"Ich mache nichts Falsches, ich verletzte auch niemanden", erwidert Georges Boeckstans, anscheinend ohne mit der Wimper zu zucken. Spätestens da weiß man: Der Mann ändert sich nicht mehr.
Die Sache ist nur die: Offensichtlich ist er bislang damit durchgekommen. Die Ermittlungen, die 2014 gegen ihn angestrengt worden waren, sind längst eingestellt worden. Und die Gemeinde habe nichts machen können, rechtfertigte sich der ehemalige Bürgermeister von Keerbergen in der RTBF, der N-VA-Politiker Dominick Vansevenant. Es handele sich hier schließlich um ein Privatgrundstück.
Einige Anwohner haben derweil jetzt einen neuen Anlauf gestartet. Sie haben sich an Unia gewandt, das frühere Zentrum für Chancengleichheit und Rassismusbekämpfung. Unia schließt sich jetzt der Klage an. Hier handele es sich eindeutig um einen Verstoß gegen die Anti-Diskriminierungsgesetzgebung und das Gesetz gegen Negationismus, sagt Patrick Charlier, Ko-Präsident von Unia. Und darauf steht eine Geldbuße oder sogar eine Haftstrafe.
Georges Boeckstans könnte nun also doch noch Ärger kriegen. Endlich, muss man sagen. Dummheit schützt vor Strafe nicht.
Roger Pint