"Laurent mal wieder", wird sich der eine oder andere gedacht haben. Denn, in der Tat: Der Bruder des Königs sorgt in regelmäßigen Abständen für Schlagzeilen. Oft sind es peinliche Geschichten, manchmal auch empörende. Manchmal auch beides. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass wir uns auch diesmal wieder in diesem Register bewegen.
Laurent hat sich in einem Brief an den Premierminister gewandt. Verschiedene Redaktionen haben einen Blick auf das Schreiben werfen können. Erstmal geht es darin um Geld. "Mal wieder", könnte man gleich wieder sagen. Beim letzten Mal hatte Laurent ja alle möglichen Register gezogen, um zu verhindern, dass seine Dotation beschnitten wurde - ohne Erfolg allerdings.
Diesmal sprechen wir aber doch nochmal über andere Summen. Es ist so: Prinz Laurent hatte in der Vergangenheit einige VoEs gegründet - die kümmerten sich in der Regel um Projekte in den Bereichen Umwelt- beziehungsweise Tierschutz. Eine davon war der "Global Sustainable Development Trust" (GSDT). Wie der Name schon sagt, widmete sich diese Vereinigung dem Thema nachhaltige Entwicklung.
Vor etwas mehr als zehn Jahren hatte diese Vereinigung einen aufsehenerregenden Auftrag an Land gezogen: Im Auftrag der libyschen Regierung sollte die Vereinigung ein Aufforstungsprojekt durchführen. Konkret: Es sollten Bäume gepflanzt werden, um die Ausdehnung der Wüste zu stoppen. Das war noch unter dem libyschen Machthaber Muammar Muammar al-Gaddafi. Allein schon deshalb hatte die Geschichte seinerzeit gleich wieder hohe Wellen geschlagen.
Das Problem: 2010 wurde das Projekt von den Libyern einseitig beendet. Laurents Vereinigung blieb auf den Kosten sitzen. Man klagte vor einem belgischen Gericht. Und sowohl in Erster Instanz, als auch im Berufungsverfahren wurde der Vereinigung Schadensersatz zugesprochen: 50 Millionen Euro.
Unterstützung von Seiten der Regierung
Neues Problem: Seit dem Sturz von Gaddafi gibt es in Libyen keinen wirklichen Ansprechpartner mehr. Trotz Gerichtsurteil ist bislang jedenfalls kein Geld geflossen. Nun erhofft sich Prinz Laurent eine gewisse Unterstützung von Seiten der belgischen Regierung. In dem Brief sagt Laurent klar und deutlich: "Ich möchte mich nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag gedulden und auf eine diskrete Lösung warten müssen, die die Regierung offensichtlich nicht in die Wege leiten will". Deswegen droht er damit, diese Hilfestellung der Regierung notfalls einklagen zu wollen.
Ein Prinz, der die Regierung verklagt; wie heißt es so schön: "Es gibt nichts, was es nicht gibt".-
Kaum hatte Le Vif/L'Express den Brief öffentlich gemacht, regierte Premier Charles Michel auch schon per Kommuniqué: "Vor dem Gesetz sind alle gleich. Außerdem gebe es die Gewaltenteilung: Allein die Justiz sei befugt, in dieser Sache ein Urteil zu fällen. Was anderes kann ein Premier in einem solchen Fall auch gar nicht sagen, analysierte auch der Historiker und Königshaus-Experte Mark Van den Wijngaert in der VRT. Im Grunde mache es Laurent hier der Regierung doch ziemlich leicht.
"Von wegen!", scheint aber Laurent in seinem Brief zu erwidern. Irgendwann wird er persönlich und schreibt: Er habe den Eindruck, dass nur aus einem Grund nichts passiert: Weil die Bitte von ihm komme. Es ist nämlich so: Laurents VoE ist nicht die einzige, die noch auf offenen, libyschen Rechnungen saß. Das galt etwa auch für die wallonische Waffenschmiede FN Herstal. "Galt". Denn: Außenminister Didier Reynders erklärte im November auf eine entsprechende Frage in der Kammer, dass die Rechnung "bezahlt worden sei".
Für die einen wird bezahlt, für die anderen nicht. Aus Sicht des Prinzen muss das jedenfalls so aussehen. "Das sei eine klare Diskriminierung", beklagt Laurent in dem Brief. Mehr noch: Er wirft einigen Verantwortlichen aus Politik bzw. Verwaltung sinngemäß vor, dass sie es auf ihn abgesehen hätten. Das allein ist schon starker Tobback. Prinz Laurent wirft dann aber noch eine Stinkbombe hinterher. Mit der Betonung auf "Stink" und auch "Bombe".
Es ist nämlich so: Im Zuge der Ereignisse, die zum Sturz von Gaddafi geführt hatten, waren in Folge internationaler Sanktionen libysche Auslandskonten eingefroren worden. Allein in Belgien sind rund 14 Milliarden blockiert. Offensichtlich hat die Föderalregierung diese Gelder angezapft, um die offenen Rechnungen zu Gunsten etwa von FN Herstal zu begleichen. Für seinen Umgang mit diesen libyschen Geldern hat sich der belgische Staat übrigens unlängst noch einen Rüffel der UNO eingefangen.
Jetzt kommt besagte Stinkbombe: Laurent behauptet in seinem Brief, dass in solchen Zusammenhängen auch schon "Provisionen" gezahlt worden seien. Seine VoE sei selbst mit einem solchen Angebot konfrontiert gewesen. Er habe es aber freilich abgelehnt, irgendwelche Zahlungen zu leisten. So etwas werde jedenfalls durch die derzeit in Belgien herrschende Intransparenz begünstigt.
Hier zwischen den Zeilen der Vorwurf, dass die Regierung Korruption - mindestens - begünstigt. Wenn auch indirekt formuliert, ist das natürlich ein Hammer. Und ein untrügerisches Zeichen dafür, dass hier noch nicht das letzte Wort gesprochen ist.
Roger Pint