Der Name soll Programm sein: „Citoyen!“ – „Bürger“ mit Ausrufezeichen, nennt sich die Bewegung, die sich Sonntag in Namur gegründet hat.
Bewusst wurde „Citoyen!“ nicht als Partei gegründet, sondern als Verein. Denn auch nach außen hin soll klar sein: Wir machen es anderes. Den Praktiken der bestehenden Parteien wollen wir eine Alternative gegenüberstellen.
Die Idee zur Gründung von „Citoyen!“ fasst Daniel Durvaux von der Bürgerbewegung L’Oxygène, Ortsgruppe Namur, wie folgt zusammen: „Wir haben gesehen, dass die meisten Bürgerbewegungen die gleichen Dinge fordern: mehr politische Ethik, mehr Transparenz. Weg von Politikern, die ihr Amt als Beruf ansehen und mehrere politische Ämter anhäufen. Auch eine größere Bürgerbeteiligung zum Beispiel durch Bürgerbudgets oder eine Direktdemokratie bei bestimmten Entscheidungen.“
Wer gleiche Ziele verfolgt, der schließt sich gerne zusammen. Und genau das war auch das Ziel der Versammlung gestern in Namur. Laut Durvaux gepaart mit einem ganz konkreten Vorhaben: Nämlich stärker zu sein für die Wahlen im kommenden Mai.
Denn dass die Bürgeranliegen nicht nur im Lokalen ihren Platz haben, davon sind die Gründer von „Citoyen!“ überzeugt. Rund 30 lokale Bürgerbewegungen waren es, die zu der Versammlung Sonntag eingeladen hatten. Mit 50 Teilnehmern wurde gerechnet, 150 waren es schließlich. Ein erster Etappenerfolg, der zeigt: Die Idee einer Bündelung der Kräfte trifft den Nerv der Aktiven.
Relativ schnell wurden dann auch Nägel mit Köpfen gemacht. Die Bewegung hat jetzt ihren Namen, ihren Status als Verein und eine siebenseitige Charta, eine Art Grundsatzprogramm der Bewegung.
Walter Feltrin, Mitglied von L’Oxygène in der Ortsgruppe Court-Saint Etienne, fasst einige Punkte aus dieser Charta zusammen. Es zählt auf: „Guter Regierungsstil und politische Ethik nehmen einen großen Platz ein. Wir fordern Transparenz. Und wir wollen uns dagegen wehren, dass die Ungleichheit in der Gesellschaft immer weiter zunimmt. Dass es immer mehr Menschen gibt, die sich schlecht fühlen. Das wollen wir bekämpfen.“
Sowohl bei den Regional- als auch Föderal- und Europawahlen will die neue Bewegung antreten. Dass es genug Potenzial in der Bevölkerung gibt, diese Wahlen erfolgreich zu gestalten, davon sind die Gründer überzeugt. Bei den Gemeinderatswahlen konnten einige der lokalen Bürgerbewegungen auf Anhieb sogar zweistellige Ergebnisse einfahren.
Seitdem ist die Unzufriedenheit bei der Bevölkerung mit der aktuellen Politik eher noch gestiegen. Der Protest der Gelbwesten mag als Indiz dafür gelten. Die neue Bewegung wolle auf keinen Fall als quasi politischer Arm der Gelbwesten gelten. Aber es stehe den Gelbwesen natürlich offen, „Citoyen!“ zu unterstützen.
Die Anliegen seien zumindest die gleichen. „Man sieht es doch überall, jüngst vor allem bei der Bewegung der Gelbwesten“, sagt dann Claudio Sangiovanni von der Bürgerbewegung „Intérêts citoyens“ aus Herve. „Die Politik verfolgt ganz und gar nicht mehr die Interessen der Bürger. Es gibt einen tiefen Graben. Und jetzt sagen sich die Bürger, und darüber bin ich glücklich: Nein, so geht das nicht weiter.“
Kay Wagner