Es ist eine Rede nach dem Motto: Wem der Schuh passt, der ziehe ihn sich an… Zunächst bleibt König Philippe noch in der Tradition vorheriger Weihnachtsreden, appelliert etwa daran, an die Schwachen, an die "Zerbrechlichsten in unserer Gesellschaft" zu denken.
Der König denkt auch an Momente wie jetzt, zu Weihnachten, in denen die Eltern Zeit mit ihren Kindern verbringen. Dabei können auch die Kinder begreifen, dass ihre Eltern verletzlich sind und dass sie sich nicht in ihre Probleme einigeln oder vor ihnen flüchten, sondern versuchen, sie zu überwinden - und daraus innere Kraft zu schöpfen. Ein Appell für Offenheit.
Und dann nimmt er direkt Bezug auf die derzeitige politische Krise. Probleme und Herausforderungen gebe es zur Genüge, sagt König Philippe: Ungleichheit, Armut, Intoleranz, Klimawandel - allesamt Themen, die das Land insbesondere in den letzten Wochen des Jahres bewegt haben.
Und dann blickt das Staatsoberhaupt auch noch nach vorn. Philippe denkt da natürlich an die Wahlen vom 26. Mai, bei denen hierzulande ja auch und vor allem das föderale sowie die Regional- und Gemeinschaftsparlamente neu zusammengestellt werden. Wählen mit dem Kopf, nicht mit dem Bauch, so könnte man das resümieren. Und das ist wohl als eine Absage an jegliche Form des Populismus zu verstehen.
Weihnachtsansprache zum Nachlesen
Meine Damen und Herren,
Die Weihnachtstage sind hervorragend dafür geeignet, unseren Wettlauf mit der Zeit anzuhalten, und einmal wirklich innezuhalten. Zu schauen wo wir im Leben stehen. Und auch daran zu denken, dass das Leben ein Weg ist, den wir nicht alleine gehen, sondern zusammen mit anderen, die auch Gesellschaft, ein offenes Ohr und guten Rat brauchen.
Für die meisten von uns sind die Weihnachtstage Momente des Zusammenkommens und des miteinander Teilens. Momente, in denen wir uns füreinander Zeit nehmen. Für diejenigen, die schwere Prüfungen durchstehen, einsam sind oder einen nahen Menschen verloren haben, ist die liebevolle Gegenwart eines anderen von unschätzbarem Wert.
Lassen wir uns während dieser Festtage ganz besonders an die Zerbrechlichsten in unserer Gesellschaft denken. Und auch an die, die sie umgeben, und mit ihrer Sorge und Zuwendung dafür sorgen, dass sie würdevoll leben können.
Mit denen, die Kinder haben, teilen die Königin und ich den Wunsch, mit ihnen gemütlich zusammen zu sein und wirklich füreinander da zu sein. Wir wissen, wie wichtig diese Augenblicke sind, aber auch wie leicht man sie verpasst. Es sind die Momente, in denen wir unsere Kinder so erleben können, wie sie sind, und die Freude haben, sie neu zu entdecken.
Momente, in denen auch unsere Kinder begreifen können, dass wir, ihre Eltern und alle anderen, die sich um ihre Erziehung kümmern, ebenso verletzlich sind. Dass wir uns nicht in unsere Probleme einigeln oder vor ihnen flüchten, sondern versuchen, sie zu überwinden - und daraus unsere innere Kraft schöpfen. Mit dieser inneren Kraft können wir uns wirklich für die anderen öffnen, und so unsere Verantwortung wahrnehmen.
Unser Land durchläuft eine bewegte Zeit. Unsere Mitbürger sind zurecht besorgt über wichtige Themen. Wir erleben derzeit ernste politische Spannungen. Ich vertraue auf das Verantwortungsgefühl unserer Entscheidungsträger, dass sie im Interesse des Landes und der Bevölkerung handeln.
Ungleichheit, Armut, Intoleranz, Klimawandel, das alles sind Fragen, die umfassende Antworten verlangen. Wir können diese fundamentalen Probleme unserer Gesellschaft aber effizient anpacken, indem wir einander zuhören und aufgeschlossen sind, mit Mut und Eigeninitiative.
Demokratie erfordert dieses Zuhören und den Dialog. Lassen wir uns im Vorfeld der föderalen, regionalen und Europawahlen offene und ehrliche Debatten führen, in denen man einander respektiert. Denn jede Stimme muss das Resultat einer reifen Überlegung sein.
"Gebt mir einen festen Punkt und einen Hebel, und ich werde die Welt aus den Angeln heben", sagte Archimedes. Unsere Zeit ganz bewusst leben und aus unserer inneren Kraft heraus für die anderen offen sein, das sind die festen Punkte und die Hebel, mit denen wir Berge versetzen können.
Die Königin und ich, und unsere ganze Familie, wünschen Ihnen frohe Weihnachten und ein glückliches Neues Jahr.
Roger Pint