Erst eineinhalb Monate ist es her, dass Martin Kotthaus offiziell als deutscher Botschafter in Belgien seine Arbeit aufgenommen hat. Und direkt schon stand eine Reihe vielleicht nicht sehr einfache Aufgaben für den Diplomaten an. Die Erinnerungsfeierlichkeiten an den Ersten Weltkrieg sind aus deutscher Sicht nicht nur Erinnerungen an eine deutsche Niederlage. In Belgien werden Deutsche auch direkt mit dem Leid konfrontiert, das ihre Vorfahren den Belgiern zugefügt haben.
Doch von Ressentiments der Belgier gegenüber Deutschen allgemein oder seiner eigenen Person hat der deutsche Botschafter nach eigenen Angaben nichts mitbekommen: "Als deutscher Botschafter habe ich mich bei den Weltkriegsfeierlichkeiten und dem Ende dieser vierjährigen Periode sehr willkommen gefühlt. Wie unter Freunden. Das war überall ergreifend. Es waren ja auch oft Familienangehörige da, die in der Vergangenheit Verluste in der Familie durch die Kriege hatten. Es waren Menschen aus der ganzen Welt vor Ort. Man konnte die langen Gräberreihen sehen, man konnte auch zum Teil noch mal Aufführungen sehen wie in Mons, die Siegesparade von damals. Aber auch da durften deutsche Soldaten mit dabei sein."
Nie wieder Krieg
Statt das Trennende zu betonen, das die Feinde von damals in einen blutigen Krieg gegeneinander geführt hatte, habe bei der Erinnerung an 100 Jahre Ende des Ersten Weltkriegs in Belgien das gemeinsame Erbe dieser Erfahrung im Vordergrund gestanden. Und der Blick in die Zukunft. "Das wichtige bei den Feierlichkeiten war: Wir standen alle gemeinsam da, wir haben gemeinsam der Toten gedacht. Wir haben gemeinsam der Opfer gedacht. Wir haben gemeinsam uns geschworen: Nie wieder einen Krieg. Und dass die Lösung dafür nur ein geeintes Europa sein kann."
F-35
Neben den Weltkriegsfeierlichkeiten gab es während der ersten Amtswochen von Kotthaus aber auch schon andere Dossiers aus der belgischen Politik, die ein besonderes Interesse der Deutschen geweckt haben. Unter anderem fiel die belgische Entscheidung für das Nachfolgemodell der F-16-Kampfjets. Jetzt steht fest: Es wird der F-35-Kampfjet aus den USA sein. Deutschland hatte sich im Konsortium, das den Eurofighter baut, ebenfalls um den Milliarden-Auftrag beworben. Die belgische Entscheidung kommentiert Botschafter Kotthaus wie folgt: "Wir Deutschen, wie eigentlich alle EU-Mitgliedstaaten, sind sehr dafür, dass wir an einer europäischen Verteidigung arbeiten. Der Eurofighter wäre eine sehr europäische Lösung gewesen. Wir glauben auch, dass der Eurofighter ein gutes Angebot gemacht hat. Belgien hat sich anders entschieden. Und dann ist das eben so."
Energieversorgung
Wenn aus diesen Worten durchaus leichte Kritik an der belgischen Entscheidung heraus zu hören ist, schön verpackt in diplomatischen Worten versteht sich, so fehlt dieser kritisierende Unterton beim Thema Stromknappheit. Dass diese in Belgien nur wegen der vielen Atommeiler droht, die wegen Altersschwäche nicht am Netz sein können, will Kotthaus so nicht sehen: "Die Energiewende ist in all unseren Ländern keine leichte Übung. Weder in Belgien, noch in Deutschland."
Dass Deutschland Belgien bei tatsächlich eintretender Stromknappheit mit Strom helfen wird, findet Kotthaus normal: "Für Deutschland ist es selbstverständlich, wir werden den Belgiern helfen soweit wir eben können. Für den Fall, dass das überhaupt notwendig wird. Das haben sich die beiden Minister neulich bei ihrem Treffen in Berlin klar in die Hand versprochen. Und das werden wir auch hinbekommen."
UN-Sicherheitsrat
Mit Vorfreude sehe man in Deutschland der Zusammenarbeit mit Belgien im UN-Sicherheitsrat entgegen. Beide Länder werden ab Januar für zwei Jahre als nicht-ständige Mitglieder diesem internationalen Gremium angehören. Gemeinsame Pläne für eine enge Zusammenarbeit gebe es schon. Kotthaus sagt: "Belgien und Deutschland möchten gerne noch einen etwas europäischeren Stempel im UN-Sicherheitsrat geben. Dazu gehören für uns beide auch die Themen Konfliktbewältigung und -prävention. Aber auch das Thema Gleichberechtigung ist wichtig, auch die Rolle der Frauen in der Welt ist für uns wichtig. Belgien möchte auch besonders die Effizienz der Vereinten Nationen steigern. Ich glaube, da liegen wir auch beieinander. Wir freuen uns sehr darauf, das gemeinsam zu machen. Wir haben auch schon Vorbereitungsseminare gemeinsam gemacht. Und freuen uns einfach, da zusammen mit dem Königreich Belgien im UN-Sicherheitsrat für zwei Jahre sitzen zu können."
Kay Wagner