"Klären Sie uns bitte mal auf, Frau Ministerin, denn da gab es doch ein leichtes Kommunikationskuddelmuddel". Ahmed Laaouej, der PS-Fraktionschef in der Kammer, wollte es am Donnerstagnachmittag im Parlament ganz genau wissen. Denn, in der Tat: Klärungsbedarf bestand da durchaus.
Alles beginnt mit einer Meldung in der flämischen Wirtschaftszeitung De Tijd. Schon die Schlagzeile liest sich wie eine Tracht Prügel: "Der belgische Haushalt kriegt von der EU-Kommission die Note 'ungenügend'", schreibt De Tijd. Im Innenteil hört sich das nicht besser an: "Europa betrachtet Belgien als Problemland", steht da zu lesen. Der Grund: Belgien verfehlt die Haushaltsziele, zu denen man sich doch eigentlich verpflichtet hatte. Resultat, schreibt De Tijd: "Belgien gehört zusammen mit Italien, Spanien, Portugal und Frankreich zu dem exklusiven "Club-Med-Klübchen", das einen Blauen Brief bekommen wird". Das Mahnschreiben sei unterwegs.
Klar, dass ein solcher Artikel wie eine Bombe einschlägt. "Ein budgetärer Totalschaden", röhrte erwähnter Ahmed Laaouej am Donnerstagmorgen der Nachrichtenagentur Belga.
Auch der föderale Finanzminister Johan Van Overtveldt zog vom Leder. Er wetterte im Morgenmagazin der VRT gegen die EU-Kommission. Belgien in einen Sack zu stecken mit Ländern wie Italien, Spanien oder Portugal, dieser Vergleich sei doch an den Haaren herbeigezogen.
Später war es plötzlich jemand anderes, der nicht alle Fritten in der Tüte hatte, die Zeitung De Tijd nämlich. "Fake News", raunzte am Rande des Brüsseler EU-Gipfels ein sichtlich genervter Premierminister Charles Michel. "Mal wieder in puncto Haushalt eine Falschmeldung", beklagt Michel.
Nur, wenn der Bericht so falsch ist, warum hatte sich denn eine gute Stunde zuvor der Finanzminister so aufgeregt? Fast musste man im Nachhinein den Eindruck haben, dass Johan Van Overtveldt selbst nicht mehr wusste, als das, was in De Tijd stand. Oder stimmte die Meldung vielleicht doch? Michel wird deutlicher: Nein! Es gebe kein Problem mit dem belgischen Haushalt. Das habe EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ihm gegenüber höchstpersönlich versichert.
Natürlich sei nicht alles rosig, räumte Michel freimütig ein. Es ist in der Tat so, dass Belgien das Haushaltsziel verfehlt und ein höheres Defizit aufweisen wird, als abgesprochen. In der Waagschale lägen aber auch noch andere Faktoren. Die Kommission berücksichtige zum Beispiel auch die von Belgien durchgeführten Strukturreformen. Hier gebe es einen Ermessensspielraum, was ja auch logisch sei. Wo kommt die Meldung her? Er könne nur sagen, dass es einen ständigen Kontakt gebe zwischen der Kommission und den einzelnen Ländern. Insofern sei auch ein Briefwechsel in diesen Fragen nichts Ungewöhnliches.
Die PS wollte das alles dennoch auch noch einmal von der Haushaltsministerin Sophie Wilmès persönlich hören. Wir können nur feststellen, dass die EU-Kommission nicht zum ersten Mal an den haushaltspolitischen Fähigkeiten dieser Regierung zweifelt, sagte Ahmed Laaouej.
"Jetzt mal langsam", reagiert Wilmès. Nur, damit das ein für allemal klar ist: Die Kommission hat sich zum belgischen Haushaltsentwurf 2019 noch nicht geäußert. "Zweitens: Wir stehen in ständigem Kontakt mit der Kommission. Und es gab bislang keinerlei Signale, die in irgendeiner Weise darauf schließen ließen, dass es ein Problem gebe", sagt Wilmès. Im Gegenteil: Die Kommission hat Belgien schon mehrmals ausdrücklich für die durchgeführten Reformen gelobt. Nun, sie wolle jetzt zwar nicht vorgreifen. Sie sei aber davon überzeugt, dass die Kommission alles berücksichtigen und sich ein ausgewogenes Bild machen werde.
Also: Bis zum Beweis des Gegenteils also doch kein Blauer Brief, auch kein Rüffel, sondern wohl nur ein leichtes Kommunikationskuddelmuddel.
Michel-Regierung erwartet Kritik der EU-Kommission zum Haushaltsentwurf 2019
Roger Pint