Das Gebäude der deutschen Botschaft in der Rue Jacques de Lalaing in Brüssel ist für Martin Kotthaus kein unbekanntes. Schon einmal, zwischen 2005 und 2011 arbeitete Kotthaus hier. Damals als Presseverantwortlicher für die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union.
Neu ist jetzt sein Posten als Botschafter - und damit auch das Zimmer, das wir für unser Gespräch betreten. Der große Schreibtisch und die Sitzgruppe mit Sofa und Sesseln sehen noch genauso aus wie bei seinem Vorgänger. Schnell fallen jedoch einige persönliche Gegenstände auf: Bilder von seiner Familie an der Wand, auf dem Schreibtisch eine Geißbockfigur - mit Emblem der Fußballmannschaft des 1. FC Köln.
Comicliebhaber
Außerdem Figuren aus Comics. Tintin ist unschwer zu erkennen. "Comics sind eine meiner Leidenschaften", erzählt Kotthaus. "Ich bin ein großer Fan von Franquin. Ich glaube, meine Frau und ich hätten unsere Studien nicht erfolgreich abschließen können, wenn wir nicht regelmäßig Gaston hätten lesen können. Einmal totlachen und dann weiterarbeiten."
1962 wurde Martin Kotthaus in Burscheid bei Leverkusen im Bergischen Land geboren, doch schon mit sechs Monaten zog die Familie weiter. Seine Kindheit und Jugend verbrachte Kotthaus in Ghana, Ägypten, der Türkei, Brasilien und Nigeria.
Nach einem Studium der Rechtswissenschaft schlug er eine Karriere im Auswärtigen Amt ein. Die hat ihn jetzt wieder nach Belgien geführt. Bewusst, wie er sagt. "Dass wir nach Brüssel gekommen sind, war eine bewusste Wahl. Auf der einen Seite gefällt uns Belgien sehr, auf der anderen Seite arbeitet meine Frau bei der EU-Kommission. Da haben wir quasi zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können. Und ich gebe eins zu: Wenn mich eins geärgert hat in meinen Jahren von 2005 bis 2011, dann war das, dass ich sehr stark in dieser Europa-Blase war und zu wenig vom Land kennengelernt habe."
Angenehmes Volk
Als Botschafter im Königreich wird Kotthaus mehr Zeit dafür haben, das ihm noch unbekannte Belgien zu entdecken. Dabei hegt er sehr viel Sympathien für die Menschen, die in Belgien wohnen. "Ich finde, die Belgier sind angenehme, offene Menschen. Sie sind sehr entspannt, sie gehen auf die Menschen zu. Ich finde es beeindruckend, mit welcher Gelassenheit die Brüsseler mit den Tausenden von Diplomaten und Ausländern, die hier kommen und gehen, umgehen. Das ist ein angenehmes Volk."
Die Zusammenarbeit bei Wirtschaftsfragen, in der Europäischen Union und als nicht ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats ab kommendem Jahr sieht Kotthaus als Schwerpunkte im Verhältnis der beiden Länder für die nahe Zukunft. Schwerpunkte, die deshalb auch seine Arbeit prägen werden, wie er glaubt. Bezüglich der Arbeit im UN-Sicherheitsrat sagt er: "Ich gehe davon, dass beide Länder das größte Interesse haben, eine europäische Präsenz im Sicherheitsrat klarer zu markieren. Und dass wir auch da sehr eng miteinander kooperieren werden."
Ungewöhnlicher Schatz
Ostbelgien kennt Kotthaus noch nicht sehr gut, wie er sagt. Einmal sei er für eine Woche dort gewesen. Aber er freue sich darauf, die Gegend bald besser kennenzulernen. Allgemein sagt er über die deutschsprachigen Belgier: "Es ist für einen deutschen Botschafter natürlich großartig, eine derartig große deutschsprachige Gruppe im Land zu haben, mit denen man die besten Kontakte hat und an denen ich auch weiterarbeiten will und werde. Das ist ein ungewöhnlicher Schatz für uns alle."
Zwei, drei oder vier Jahre wird Kotthaus wahrscheinlich Botschafter in Brüssel bleiben. Dann geht es normalerweise weiter auf den nächsten Posten im Auswärtigen Amt. Doch daran will Kotthaus jetzt noch nicht denken. Jetzt will er sich erst einmal freuen, wieder zurück in Belgien zu sein.
Kay Wagner