Am Montagabend erst beschlossen und dann direkt in die Tat umgesetzt: Eigentlich waren erst für kommenden Freitag Streikaktionen im Hafen von Antwerpen erwartet worden. Freitag deshalb, weil sich am kommenden Montag Ministerin Homans endlich mit den Lotsen und Schleusenwärtern zu Gesprächen treffen will. Kurz vorher sollte ein Streik die Forderungen der Gewerkschaften noch einmal untermauern. Diese Machtdemonstration zogen sie kurzerhand vor.
Streiken Lotsen und Schleusenwärter, geht fast gar nichts mehr in Europas zweitgrößtem Güterhafen. Um die Mittagszeit fasste Hafensprecherin Nathalie Van Impe die Situation wie folgt zusammen: "Zurzeit sieht es so aus, dass Dreiviertel der Lotsendienste nicht stattfinden können, weil die belgischen Lotsen streiken. Die niederländischen Lotsen arbeiten dagegen. Aber das hat bereits jetzt zu mehr als 400 Stunden Verspätung bei der Abfertigung von insgesamt rund 50 Schiffen geführt."
Wirtschaftlicher Schaden enorm
Der wirtschaftliche Schaden für den Hafen ist enorm - auch für die Binnenschifffahrer, die ebenfalls unter den Auswirkungen der Streikenden zu leiden hatten. Patrick Marivoet von der sozialistischen Gewerkschaft ACOD, die neben der christlichen Gewerkschaft zum Streik aufgerufen hatte, gab sich immerhin die Mühe, mit den Binnenschifffahrern zu sprechen und um Verständnis für den Streik zu werben. "Wir haben mit den Leuten auf den Schiffen gesprochen. Und ja, für die Menschen ist das nicht schön. Wir wissen das. Aber was sollen wir schon machen? Wir können nicht anders, als streiken", sagt er.
Die Fronten scheinen verhärtet. Die Streikenden sehen in den Reformplänen der Ministerin einen Versuch, ihre Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Homans will die Arbeitsbedingungen der meist unter Beamtenstatus arbeitenden Lotsen und Schleusenwärtern nämlich den Bedingungen des vertraglichen Personals anpassen.
Anpassung der Bedingungen zwischen angestellten und verbeamteten Lotsen und Schleusenwärtern seien im Grunde auch kein Problem, so die Gewerkschaftsposition - wenn als Maßstab die Arbeitsbedingungen der Verbeamteten gelten sollen. Doch genau das Gegenteil plane Ministerin Homans. ACOD-Sekretär Jan Van Wesemael sagte gegenüber der VRT: Um Geld zu sparen, wurden zehn Prozent der Stellen gestrichen. Und jetzt soll noch das Statut der Menschen verschlechtert werden, die noch arbeiten. Das können wir nicht akzeptieren."
Streik "unverantwortlich"
Nicht akzeptabel finden Politiker der regierenden Parteien in Antwerpen und Flandern den Streik. "Unverantwortlich" sei der Streik, sagte der Open-VLD-Staatssekretär für die Nordsee, Philippe De Backer. Die wenigen Streikenden würden Tausende Menschen daran hindern, vernünftig zu arbeiten. Der Hafen sei der wirtschaftliche Motor des Landes. Der Streik beschädige seinen Ruf.
Marc Van Peel, CD&V-Hafenschöffe in Antwerpen, ärgert sich ebenfalls: "Da streiken Menschen, die gut bezahlt werden", sagt er. "Deren Gehalt beginnt bei 7.000 Euro netto im Monat. Dafür müssen sie 25 Stunden in der Woche arbeiten. Und sie nutzen jetzt ihre Stärke aus, um in einem Gespräch über den allgemeinen Beamtenstatus noch mehr zu erreichen? Das steht doch in keinem Verhältnis zueinander."
N-VA-Ministerin Homans lud die Streikenden am Dienstag zwar spontan zu einem Gespräch ein. Aber schon vor dem Austausch ließ sie verlauten, dass sie von ihren Plänen nicht abweichen wolle. Das wollen aber auch die Streikenden nicht. "Sprechen können wir gerne", sagt Gewerkschafter Van Wesemael. "Aber unsere Forderungen müssen erfüllt werden. Zur Not streiken wir weiter. Und immer wieder. Bis die Ministerin endlich auf uns hört."
Kay Wagner