Dass es irgendwann zu Konflikten kommen würde, war allen klar. Denn die Spannung lag förmlich in der Luft, vor allem im Maximilianpark am Brüsseler Nordbahnhof. Dort findet die Essensausgabe statt, und von dort aus werden illegale Migranten und andere Obdachlose zu den Auffangzentren gefahren, wo sie dann übernachten können.
Im Maximilianpark stieg in den letzten Wochen die Zahl der Menschen, die keine Bleibe für die Nacht gefunden hatten. Das Ende der Fahnenstange war erreicht - auch im Zentrum "La Porte D'Ulysse", wo, wie überall in Brüssel, alle Betten belegt waren.
Pure Verzweiflung könnte also der Auslöser für die Gewalt gewesen sein. Wer die Menschen waren, ob normale Obdachlose oder illegale Migranten, lässt sich nicht so leicht sagen, erklärt Mehdi Kassou, Pressesprecher der Vereinigung, die sich um das Zentrum kümmert. "Das sind Menschen, die auf der Straße anderen Menschen mit denselben Problemen begegnen", so Mehdi Kassou. Die einen seien gewohnt in der Schlange zu stehen, andere hingegen nicht. Sie hätten das alles nicht verstanden und hätten die Tendenz Regeln zu brechen, um Spannungen zu provozieren. Schlussendlich wollten sie einfach nur rein und dabei verursachten sie den Schaden.
Ursprünglich sollte "La porte d'Ulysse" schon am Dienstag wieder öffnen. Doch das Silikon an den neuen Fensterscheiben war noch nicht trocken.
Doch auch wenn der Schaden behoben und die Sicherheitsmaßnahmen erhöht wurden, braucht es eine tiefgreifende Lösung. Und die soll von oben kommen. Die Vereinigung will sich deshalb mit den Brüsseler Behörden und den Obdachlosenvereinigungen treffen, erklärt Mehdi Kassou. "Dass wir hier bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Monats die Alarmglocke läuten, das hat auch einen Grund. Mit der bevorstehenden Kälte werden noch mehr Personen nach einer Bleibe suchen", erklärt Mehdi Kassou.
Die PS-Abgeordnete im Brüsseler Regionalparlament Caroline Desir hat Verständnis für die Vereinigung. Die Ehrenamtlichen würden sich seit Monaten um die Verteilung und die Unterbringung kümmern, und damit versuchen die Versäumnisse der Föderalregierung wettzumachen. "Die sind einfach von der Situation überfordert", so Caroline Desir. Die Stadt Brüssel und die Region Brüssel hätten schon genug geleistet, jetzt sei die Föderalregierung dran.
Doch Asyl-Staatssekretär Theo Francken hat bereits mehrfach eine Finanzierung des Empfangs von illegalen Migranten abgelehnt. Der MR-Abgeordnete im Brüsseler Regionalparlament David Weytsman springt dem N-VA-Mann Francken zur Seite. Zur Erinnerung: In der Region Brüssel ist die MR in der Opposition, in der Föderalregierung von Charles Michel aber an der Macht, zusammen mit der N-VA.
Die Föderalregierung kümmere sich um Ayslbewerber, doch die Menschen im Maximilianpark seien gar keine, erklärt Weytsman. "Würden diese Menschen einen Asylantrag stellen, dann hätten sie auch Anrecht auf eine Wohnung. Das sind Transitmigranten, und der Maximilianpark nur eine Zwischenstation auf dem Weg nach Großbritannien", so David Weytsman.
Die Föderalregierung wolle nicht mit Menschen diskutieren, die sich illegal hier aufhalten und auch keinen Asylantrag stellen wollen.
Volker Krings