Im Grunde verlief alles recht unspektakulär. Am Flughafen von Charleroi versammelten sich ab 6 Uhr morgens die ersten Ryanair-Piloten in der Abflughalle. Rund 30 wurden es im Verlauf des Vormittags. Sie standen herum und diskutierten miteinander.
In der Halle war es angenehm leer. Kein dichtes Drängen von Hunderten von Fluggästen zur gleichen Zeit, wie es eigentlich hätte sein sollen an diesem Freitag in den Ferien. Der Ausfall von insgesamt 92 Flügen von Ryanair in Charleroi machte sich deutlich bemerkbar.
In Zaventem sah das alles schon etwas anders aus. Hier ist Ryanair nur eine von ganz vielen Fluggesellschaften. Dass 26 Ryanair-Flüge nicht stattfinden, war am Brüsseler Hauptflughafen kaum zu spüren.
Welchen Einfluss der Streik auf die Unternehmensführung haben wird, ist weiter völlig offen. Die Piloten und ihre Vertreter blieben zunächst dabei, ihre Forderungen zu wiederholen. "Wir wollen wie ganz normale Arbeitnehmer behandelt werden, wie das auch die anderen Multinationalen tun. Alle multinationalen Unternehmen in Belgien respektieren die belgischen Gesetze. Außer Ryanair", sagt Didier Lebbe von der christlichen Gewerkschaft CNE.
Und der Präsident der belgischen Pilotenvereinigung, Alain Vanalderweireldt, gab zwei konkrete Beispiele von Praktiken, die aus seiner Sicht unmöglich sind: "Man verlangt von den Piloten, Krankheitstage zu rechtfertigen. Genau anzugeben, welche Krankheit man hat. Das ist absolut nicht zu akzeptieren. In Belgien macht man das einfach nicht, rein rechtlich gesehen. Und dann ist es auch eine Einmischung in das Privatleben. Trotzdem macht Ryanair das ohne Zögern."
"Ein anderes Beispiel ist, dass die Piloten oder Mitarbeiter des Kabinenpersonals an ihren freien Tagen angerufen werden, um sie unter Druck zu setzen, zu kommen und zu fliegen. An ihren freien Tagen."
Seitens der Politik äußerte sich heute Arbeitsminister Kris Peeters zu dem Streik. Bezüglich der Tatsache, dass Ryanair seine Mitarbeiter weitgehend nach irischem Recht behandelt, sagte Peeters: "Ein multinationales Unternehmen wie Ryanair hat natürlich die Möglichkeit, mit verschiedenen Rechtssystemen zu spielen. Das ist ein großes Problem."
"Natürlich bin ich dafür verantwortlich, Ryanair daran zu erinnern, dass Ryanair die belgischen Gesetze beachtet. Aber ich muss auch vermeiden, dass Ryanair zum Beispiel sagt: Okay, die Gesetze in Belgien sind zu streng. Wir werden mit einer anderen Gesetzgebung aus einem anderen Land spielen."
Wie sehr Ryanair auch am Freitag sein System als multinationales und über Grenzen hinweg flexibles Unternehmen nutzte, bekamen die niederländischen Ryanair-Piloten am Flughafen von Eindhoven zu spüren. Zwar ging dort keiner der Ryanair-Piloten zur Arbeit. Doch die Flüge fanden trotzdem alle statt. Ryanair hatte kurzerhand seine als selbständig geltenden Piloten aus Belgien nach Eindhoven geschickt, um dort den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten.
Den Zorn der Streikenden auf ihr Unternehmen wird diese Maßnahme nicht gelindert haben. In Belgien und in Deutschland haben die Piloten schon angekündigt, ihren Willen nach Veränderungen bei Ryanair durch weitere Aktionen zu untermauern.
Kay Wagner