Von wegen Sommerloch! Für die Polizei- und Sicherheitsdienste könnte der Stress im Moment kaum größer sein. Die Zeitung Le Soir bringt es am Montag auf den Punkt: "Zwischen Fußball und Trump - Brüssel unter Hochspannung", schreibt das Blatt. In der Tat: Auf insbesondere die Brüsseler Behörden wartet die wohl intensivste Woche seit langer Zeit.
Erst das Halbfinale. Inzwischen hat das Fußballfieber ja quasi das ganze Land erfasst. Am Dienstagabend werden abertausende Menschen auf den Beinen sein - vor irgendwelchen Großleinwänden, in Kneipen, an der Börse. Das muss natürlich polizeilich "eingerahmt" werden.
Zeitgleich beginnt aber auch die heiße Phase der Vorbereitungen auf das eigentliche Großereignis in dieser Woche. Am Mittwoch und Donnerstag kommen im Brüsseler Nato-Hauptquartier die Vertreter der Mitgliedstaaten der Allianz zu einem mit Spannung erwarteten Gipfeltreffen zusammen. Auf höchster Ebene. Heißt: Die Staats- und Regierungschefs werden erwartet. Ja, auch der aus Washington, auch US-Präsident Donald Trump! Und spätestens dadurch bekommt das Treffen selbst in einer Stadt wie Brüssel aus Sicht der Sicherheitsbehörden noch einmal eine größere Tragweite.
"Es ist ein Gipfel der Superlative", sagte Arlin Bagdat, Chefin der Kanzlei des Premierministers, in der RTBF. "55 Delegationen werden erwartet, 47 davon werden vom jeweiligen Staats- oder Regierungschef angeführt. Ein solches Ereignis hatten wir in Brüssel lange nicht mehr." Das sei natürlich eine Herausforderung, sagt die Kanzleichefin. "Und was für eine!", würde man hinzufügen wollen. Verlässliche Zahlen gibt es da nicht. Klar: aus Sicherheitsgründen wird darüber nicht kommuniziert. Im Raum steht die Zahl von 10.000 Polizisten insgesamt - dies, um sicherstellen zu können, dass jederzeit 2.500 Beamte auf dem Terrain sind. Darüber hinaus stehen täglich 1.000 Soldaten bereit.
Föderales Krisenzentrum koordiniert
Koordiniert wird das Ganze vom Föderalen Krisenzentrum. "Während drei Tagen werden hier rund um die Uhr Vertreter aller Sicherheitsbehörden und der zuständigen Ministerien die Lage verfolgen", sagt Benoît Ramacker, Sprecher des Föderalen Krisenzentrums. Was die Sache noch komplexer macht: Es gibt eigentlich zwei Brennpunkte, zumindest am ersten Gipfeltag. Erstmal natürlich das eigentliche Hauptquartier, also das neue Nato-Gebäude im Brüsseler Stadtteil Haren. Und dann noch der Cinquantenaire-Park. Unter anderem in den Räumlichkeiten des Museums für Kunst und Geschichte werden ebenfalls Arbeitssitzungen stattfinden.
Darüber hinaus wird es nochmal zwei Hochsicherheitsbereiche geben, die mit der Präsenz von Donald Trump zu tun haben, nämlich die US-Botschaft am Brüsseler Park und das Luxushotel "The Hotel". Heißt also: Es werden vier Bannmeilen eingerichtet, sagte Ilse Van de keere, Sprecherin der Brüsseler Polizei. Bannmeile heißt Bannmeile. Die fraglichen Bereiche sind für die Dauer des Gipfels nicht zugänglich. "Aber wir wissen natürlich auch, dass das Leben in Brüssel in der Zwischenzeit weitergeht", sagen die Verantwortlichen. Es gibt diverse andere Großereignisse, wie etwa das Feriendorf "Bruxelles-les-Bains" oder eben das WM-Halbfinale. "Wir sind also bemüht, hier ein Gleichgewicht zu wahren und Brüssel insgesamt offenzuhalten", sagt Benoît Ramacker vom Föderalen Krisenzentrum.
Das alles hängt natürlich immer von der allgemeinen Sicherheitslage ab. Im Moment gelte Terrorwarnstufe 2 auf einer Skala bis 4, sagt Ramacker. Der Krisenstab Ocam gehe also nicht von einer verschärften Bedrohungslage aus. Das Föderale Krisenzentrum könne aber jederzeit eine Neubewertung vornehmen - dafür sind wir rund um die Uhr im Einsatz, sagt Ramacker. "Wir sind aber bestens vorbereitet", sind sich alle einig. Das sei ja schließlich auch nicht das erste Großereignis, das in Brüssel stattfinde, wenn dieses auch nochmal ein bisschen größer ist. Das kann man jedenfalls auch als eine Art Anerkennung betrachten, eine Anerkennung unserer Erfahrung und der Qualität unserer Arbeit.
Roger Pint