Wirklich ursprünglichen Wald gibt es schon lange nicht mehr in Westeuropa. Selbst in ländlichen Gegenden greift der Mensch überall in das Ökosystem Wald ein. Ein ambitioniertes Projekt in der Provinz Luxemburg will das jetzt ändern. Dort sollen knapp 1.700 Hektar Wald auf neue Art verwaltet werden.
Das Projekt ist eine Kooperation der Wallonischen Region und der Pairi-Daiza-Stiftung, gegründet vom Betreiber des gleichnamigen Zoos Eric Domb. Es ist das erste Mal überhaupt, dass es so eine Kooperation zwischen öffentlicher Hand und gemeinnütziger Stiftung in der Wallonie gibt.
Das Waldstück liegt bei Nassogne südlich von Marche-en-Famenne. Ziel ist es, eine Art Naturlabor dort einzurichten. Langfristig soll der Wald wieder zu einem eigenständigen Ökosystem werden und so ursprünglich wie möglich.
Ganz wichtig dabei ist, dass der Mensch zukünftig so wenig wie möglich eingreift. Also keine Nadelholzplantagen für die Holzwirtschaft und keine aggressiven Jagdmethoden. Stattdessen soll nachhaltig bepflanzt werden, Holz nicht für den Export, sondern als Baumaterial für die lokale Verwendung geerntet werden, und die Biodiversität im Wald gefördert werden.
Eingegriffen wird also trotzdem noch, denn ganz in Ruhe lassen, kann man einen menschengemachten Wald nicht. Zum Beispiel müssen die Wildbestände unter Kontrolle gehalten werden. Das Ökosystem ist in so einem Wald einfach nicht stabil genug, um sich selbst zu regulieren. Es ist aber eines der Projektziele, den Wald langfristig wieder selbstständiger zu machen, zumindest teilweise. Bis es so weit ist, muss der Mensch aber zwischendurch regulierend eingreifen.
Der zweite Grund ist, dass der Wald weiterhin Geld abwerfen muss, um das Projekt zu finanzieren. Da müssen also touristische Infrastrukturen geschaffen und instand gehalten, Führungen organisiert und wissenschaftliche Projekte unterstützt werden.
Die Pairi-Daiza-Stiftung hat aber jetzt schon klar gemacht, dass sie an dem Waldprojekt nicht verdienen will, nur eben genug Mittel generieren, um weiter forschen zu können. Wallonische Universitäten wollen dort zum Beispiel erforschen, wie gut unser Wald den Klimawandel verkraftet, wie man die Pflanzen bei der Anpassung an die Erderwärmung unterstützen kann oder welche Pflanzen sich vielleicht eigenen, um künftig hier angebaut zu werden. Es sind also noch viele Fragen offen und weil das Projekt nicht nur in der Wallonie, sondern auch in Westeuropa ziemlich einzigartig ist, werden sich die Forscher bestimmt drauf stürzen.
Anne Kelleter