"Wie groß ist der Schaden, der da angerichtet wurde?" Das war wohl die zentrale Frage, die sich der SP.A-Parteivorstand am Montag stellte. Parteivorsitzender John Crombez hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt mit seinen Anschuldigungen an den Verteidigungsminister. Der habe schon längst gewusst, dass man die aktuellen F-16-Kampfjets der belgischen Luftwaffe nicht unbedingt durch neue Flugzeuge ersetzen muss. Die Milliarden Investitionen für neue Flugzeuge könnten aufgeschoben, stattdessen die aktuellen F-16-Kampfjets umgerüstet werden.
Unter anderem E-Mails würden beweisen, dass der Minister das schon lange wisse. Noch am Mittwoch präsentierte Crombez neues E-Mail-Material. Problem nur: Mindestens zwei dieser Mails sind Fälschungen. Das gilt zurzeit als sicher.
Doch Crombez hatte das nicht gemerkt. Jetzt ist der Schaden groß. Ein prominenter Politiker, der mit Fälschungen versucht, einen Minister zu Fall zu bringen - das kratzt an der Glaubwürdigkeit der Partei.
Dass das so ist, wollte die Parteiführung am Montag auch gar nicht leugnen. Aber sie versuchte, die Opferrolle zu betonen. "Die Tatsache, dass man gefälschte E-Mails verbreitet, ist unverantwortlich", sagte die SP.A-Kammerabgeordnete Karin Temmerman.
Warum das denn nicht aufgefallen sei, dass die E-Mails eine Fälschung waren, wollte ein VRT-Reporter wissen. "Wir sind schon ziemlich vorsichtig gewesen", antwortete Temmerman. Mehr konnte sie dazu auch nicht sagen.
Gleicher Tenor bei SP.A-Senator Bert Anciaux. Er sagte: "Man hat eindeutig versucht, unsere Glaubwürdigkeit durch den Dreck zu ziehen. Offensichtlich haben wir ein sehr heikles Dossier angepackt, bei dem viele Interessen im Spiel sind. Deshalb werden alle möglichen Tricks angewandt, um die SP.A unglaubwürdig zu machen."
Chef nicht über Klinge springen lassen
Diese Äußerungen machten schon klar, dass die SP.A-Spitzenpolitiker ihren Chef nicht über die Klinge springen lassen wollten. Und so geschah es dann auch: Hinter verschlossenen Türen sprachen sie Crombez weiter ihr Vertrauen aus. Der gab zu, ein bisschen zu voreilig und energisch gehandelt zu haben.
Der Presse wollte Crombez sich danach nicht mehr stellen. Das tat dafür die Fraktionsführerin in der Kammer, Meryame Kitir. Sie sagte: "Wir lassen uns durch zwei Mails, die vielleicht gefälscht sein können, nicht unterkriegen. Wir haben genügend Informationen, die sehr wichtig für das Dossier sind. Die Menschen haben ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Dank unserer Partei ist das Dossier transparenter geworden, und auf diesem Weg werden wir weitergehen."
Unbeantwortet ist bislang die Frage, was hinter der ganzen Sache steckt. Wer hat die gefälschten Mails verfasst und warum gerade jetzt an Crombez geschickt?
Auch der Kammerabgeordnete Hendrick Vuye, ein Abtrünniger der N-VA, hat übrigens solche Mails bekommen. Er will jetzt sogar direkte Hinweise erhalten haben, dass die Mails tatsächlich gefälscht worden sind. "Wer verschickt diese Hinweise? Welche Interessen stecken hinter dem Ganzen?" Das sind Fragen, die in den nächsten Tagen dringend beantwortet werden sollten.
Kay Wagner