"Ein düsterer Tag", "die Lage ist gefährlich, beängstigend", "die Entscheidung unverantwortlich, inakzeptabel" - manchmal wirkte es, als würden Mehrheit und Opposition wie aus einem Mund sprechen. Zwar kommt die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump nicht ganz unerwartet, was die Sache aber unterm Strich nicht angenehmer macht.
Dass die USA aus dem Atomabkommen aussteigen, könne den ohnehin schon unruhigen Mittleren Osten nur noch weiter destabilisieren, meint etwa die PS-Abgeordnete Gwenaëlle Grovonius. Hier drohen erhebliche geopolitische Auswirkungen.
Negative Auswirkungen aber auch für die transatlantischen Beziehungen. Wichtige Europäer haben sich in Washington die Klinke in die Hand gegeben, um doch noch zu versuchen, den US-Präsidenten umzustimmen. Die müssen sich doch seit Dienstag regelrecht gedemütigt vorkommen, meint der SP.A-Parlamentarier Dirk Van der Maelen.
Kann man den USA glauben?
"Es war ein düsterer Tag für die transatlantischen Beziehungen", sagt auch Georges Dallemagne von der CDH. "Aber auch für die Glaubwürdigkeit der USA als Vertragspartner." Kann man den USA glauben? Die Frage stellt sich für einige schon in Bezug auf die gestrige Rede von Donald Trump. Kommt uns das nicht irgendwie bekannt vor, fragte etwa rhetorisch der PTB-Abgeordnete Raoul Hedebouw. Da fühle man sich doch an den früheren US-Außenminister Collin Powell erinnert, der 2003 auch angebliche Beweise vorgelegt habe, die belegen sollten, dass der Irak über Massenvernichtungswaffen verfügte.
Auch Richard Miller von der MR fühlt sich an die Bush-Ära erinnert und stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit der angeblichen "Beweise", von denen Trump sprach. Die Internationale Atomenergiebehörde, die dem Regime in Teheran auf die Finger schaut, hat in Bezug auf das eigentliche Atomprogramm jedenfalls offensichtlich noch keine Vertragsverstöße festgestellt.
Wirtschaftliche Konsequenzen
"Er könne die einseitige amerikanische Entscheidung jedenfalls nur bedauern", erklärte Premier Charles Michel in seiner Antwort auf die Fragen aus dem Parlament. Dieser Atomdeal, das sei das Resultat von zwölf Jahren diplomatischer Anstrengungen gewesen. Nicht nur, dass der Iran erstmal nicht sein Atomprogramm weiter vorangetrieben habe, das Abkommen habe auch einen wichtigen Kanal geöffnet, einen Dialog ermöglicht. Es gebe jedenfalls Grund genug, an dem Abkommen festzuhalten, sagt Michel. Genau dafür wolle er auch nachdrücklich auf EU-Ebene pochen.
Michel teilt im Übrigen auch die Sorgen vieler Parlamentarier, was die möglichen wirtschaftlichen Konsequenzen angeht. Die USA scheinen ja über Sanktionen auch anderen Ländern verbieten zu wollen, weiter Handel zu treiben mit dem Iran. Er sei aber davon überzeugt, dass auch wirtschaftliche Entwicklung ein stabilisierender Faktor sei.
Jetzt schlage die Stunde der Europäer, hörte man denn auch immer wieder im Halbrund. Europa müsse jetzt eine Führungsrolle übernehmen, mahnten der CD&V-Parlamentarier Vincent Van Peteghem und auch der CDH-Kollege Georges Dallemagne fast schon beschwörend: "Herr Premierminister, legen sie dafür all ihr Gewicht in die Waagschale. Sie haben dafür meine 300-prozentige Unterstützung", sagt auch Dirk Van der Maelen - alles wieder wie aus einem Munde.
Roger Pint