Die schöne neue Welt der Internetdienstleister... Aus dem Silicon Valley südlich von San Francisco kommen immer wieder neue Online-Applikationen, die - wie es immer so blumig heißt - "die Menschen zusammenbringen wollen". Wie schön diese schöne neue Welt mitunter funktionieren kann, das hat Facebook gerade mal wieder unter Beweis gestellt.
Oft sind sie revolutionär, diese neuen Dienstleistungen - in dem Sinne, dass alte Zöpfe abgeschnitten werden. Doch werden damit oft auch gängige Regeln ausgehebelt, Gesetze, die dann offensichtlich eben nicht mehr für alle gelten. So könnte man wohl die Argumentation derer zusammenfassen, die die Nase gestrichen voll haben von diesen neuen Apps und Angeboten. Man muss in Gegenwart eines Taxifahrers etwa nur das Wort "Uber" in den Mund nehmen, um den Menschen in Nullkommanix "auf 180" hochfahren zu sehen.
Lukratives Geschäft
Airbnb ist ebenfalls so ein Reizwort. Das Konzept ist bekannt: "Meine Wohnung steht für eine gewisse Zeit leer. Warum soll ich sie nicht an jemanden vermieten, der eben gerade in meine Stadt kommen will?" Soweit, so theoretisch. In der Praxis hat sich daraus natürlich längst ein Geschäft entwickelt - ein lukratives.
Beispiel vor einigen Wochen in Brüssel: ein nigelnagelneues Apartmenthaus in Brüssel. Beste Lage. Im Prinzip sollte jede der 20 Wohnungen in kürzester Zeit vermietet sein. "Aber was stellen wir fest?", sagt der Brüsseler Ecolo-Parlamentarier Alain Maron. "Wir sehen nur auf vier Briefkästen Namensschildchen. Die Leute im Viertel sagen, dass die meisten Wohnungen hier an Touristen vermietet werden", sagt Maron, "etwa über Airbnb". Und das gehe natürlich gar nicht, denn hier gehe für die Brüsseler schlichtweg Wohnraum verloren.
Verlust von Wohnraum
Nicht nur, dass in der Praxis Wohnraum verloren geht, die klassischen Tourismusanbieter leiden ebenfalls unter dieser Konkurrenz, die von den "Profis" als unlauter betrachtet wird. Zwar versuchen die Behörden längst, das Ganze über Regeln in Bahnen zu lenken. Das gelingt aber oft nur mehr schlecht als recht.
Mehr und mehr gehen politisch Verantwortliche aber auch in die Offensive. Die Stadt Brüssel etwa hat vor einigen Wochen Wohnungen versiegeln lassen. Hier handele es sich schlichtweg um illegale Touristenunterkünfte, sagte der zuständige Schöffe Geoffroy Coomans de Brachène. In der Hauptstadt gebe es viel zu viele dieser ungesetzlichen Angebote.
6.000 illegale Unterkünfte in Brüssel
Rund 6.000 dieser illegalen Touristenunterkünfte soll es geben auf dem Gebiet der Region Brüssel. Das ist also längst ein ausgewachsenes Problem. Warum ist das so? Nun, so glaubt Alain Maron, man müsse auch sagen, dass die Regeln manchmal einfach zu strikt sind - verbunden zudem mit einem Haufen Papierkram. "Allein schon deswegen bleiben einige Wohnungsbesitzer wohl lieber in einer Grauzone."
"Regeln sind da, um sie einzuhalten", macht jetzt aber auch der flämische Tourismusminister Ben Weyts klar. Die flämische Regierung hatte von Airbnb eine Liste verlangt, eine Liste der Adressen von Wohnungen, die über die Plattform vermietet wurden. Airbnb hat das verweigert. "Wie sollen wir denn da überprüfen, ob etwa die geltenden Brandschutzregeln oder Sicherheitsvorschriften eingehalten werden?", wetterte Weyts in der VRT. "Wir werden das in jedem Fall nicht länger dulden."
Gerichtliche Schritte
Die flämische Regierung will jetzt also gerichtliche Schritte gegen Airbnb einleiten. Dies zunächst in Form einer sogenannten "Inverzugsetzung": Man will das Unternehmen dazu zwingen, besagte Liste der vermieteten Wohnungen herauszugeben. Bleibt es bei der Weigerung, dann geht’s weiter vor Gericht. "Wir werden nicht lockerlassen", sagt Weyts.
Zähneknirschen gibt es längst so ein bisschen überall in Europa. Die Stadt Paris etwa prozessiert auch schon gegen Airbnb. Es wird also noch eine Zeit dauern, ehe die schöne neue Welt auch wirklich für jeden akzeptabel ist.
Roger Pint