Am Donnerstag wird Ken Loach wohl Doktor Honoris Causa der Freien Universität Brüssel werden. Doch die Polemik um seine Ernennung dürfte damit nicht verstummen. Seit Wochen wird darüber diskutiert, ob Ken Loach wohl ein Antisemit und Holocaust-Leugner ist, oder doch nur ein Israel-Kritiker.
Letzteres ist unbestreitbar. Loach ist nämlich nicht nur ein erfolgreicher Filmemacher, der mit seinen Filmen "The Wind that shakes the Barley" und "Ich, Daniel Blake" gleich zweimal die Goldene Palme von Cannes gewonnen hat, sondern ist auch ein überzeugter Kämpfer für die Sache der Palästinenser. Und damit auch ein scharfer Kritiker Israels und Befürworter der BDS-Kampagne, die Israel mit Boykotts und Sanktionen wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren will.
"Das ist auch nicht das Problem", sagt Guy Haarscher, Professor für Philosophie an der Uni Brüssel. Das sei Meinungsfreiheit. Guy Haarscher stößt sich an ganz anderen Dingen. Vor allem eine Aussage wird in der Debatte um Ken Loach seit Tagen immer wieder gern zitiert.
Beispiele
Anlässlich eines Kongresses der britischen Labour-Partei am Wochenende, zu dem Ken Loach als Gastredner eingeladen war, wurde ihm die Frage gestellt: Gab es den Holocaust - ja oder nein? Seine Antwort darauf blieb vage und undeutlich. Und, Loach lenke in seiner Antwort vom Holocaust der Nazis auf die ethnischen Säuberungen der Israelis während des Palästinakriegs 1948, erklärt Guy Haarscher.
Ein anderes Beispiel ist das Theaterstück "Perdition", bei dem Loach Regie geführt hat. In dem Stück geht es darum, dass sich führende Zionisten mit den Nazis verbündet hätten, um den Völkermord an den europäischen Juden voranzutreiben, um so anschließend einen zionistischen Staat gründen zu können. Auch wenn es nur ein Theaterstück ist, es bleibt eine abenteuerliche Interpretation der Geschichte.
"Not In Our Name"
Philosophieprofessor Guy Haarscher ist einer der 650 Unterzeichner der Charta "Not In Our Name" - "Nicht in unserem Namen", die sich gegen Geschichtsverfälschung des Holocausts zu politischen Zwecken ausspricht.
Und auch wenn sich Ken Loach am Montag auf Druck der Öffentlichkeit zum Holocaust bekannte: Für die Unterzeichner der Charta bleibt Loach ein Geschichtsrevisionist und Holocaust-Leugner, sagt auch Grégoire Jakhian, Präsident der Armenischen Vereinigung Belgiens, die ebenfalls die Charta unterzeichnet hat. Er schaffe es auf intelligente Weise Zweifel zu säen, aber nur im Sinne der Lüge, niemals für die Wahrheit, sagt Jakhian.
Jean-Philippe Schreiber ist Professor an der ULB und verteidigt die Entscheidung Ken Loach die Ehrendoktorwürde zu verleihen. Man würde dem Regisseur das Wort im Munde herumdrehen.
Jean-Philippe Schreiber muss allerdings auch zugeben, das Loach schon stark Anti-Israel eingestellt sei. Loach lasse keine Gelegenheit auslasse, historisch gesicherte Fakten zu verwenden, um gegen Israel und seine Gründungsideologie zu wettern. Und das sei tatsächlich ein Problem.
Volker Krings