Harte Worte, die N-VA-Chef Bart De Wever da am Mittwoch im niederländischen Fernsehen vom Stapel ließ. Die Niederlande hätten gegenüber Europa in Sachen Drogenkriminalität eine Erbschuld. Mit ihrer Duldungspolitik habe sich die organisierte Kriminalität in den Niederlanden breitmachen können. Und damit habe jetzt der Antwerpener Hafen zu kämpfen, sagt Bürgermeister de Wever.
Die Zahlen würden das belegen. War vorher der Hafen von Rotterdam der wichtigste Umschlagplatz für Kokain, hat sich das Geschäft jetzt nach Antwerpen verlagert. Im vergangenen Jahr wurden dort 40 Tonnen Kokain beschlagnahmt. Das ist fast zehn Mal so viel, wie noch vor ein paar Jahren.
Äpfel und Birnen
"Das stimmt, aber das hat nichts mit der niederländischen Drogenpolitik zu tun", sagt der niederländische Justizminister Ferdinand Grappenhaus. Sowohl Rotterdam, als auch Antwerpen seien beides ausgezeichnet funktionierende Häfen und würden auch deshalb als Drogenumschlagplatz genutzt. Aber De Wever würde da wohl Äpfel mit Birnen vergleichen. Das liege nicht an der niederländischen Drogenpolitik, denn die ziele auf Cannabis und nicht auf harte Drogen, sagt Grappenhaus.
Dass die niederländische Toleranzpolitik in Sachen Cannabis für das Antwerpener Kokainproblem verantwortlich sei, mache keinen Sinn. So kommentierte die Zeitung Gazet van Antwerpen De Wevers Aussage mit der notwendigen Höflichkeit. Heißt zwischen den Zeilen: kompletter Blödsinn. Denn die Verlagerung nach Antwerpen habe in erster Linie mit stärkeren Kontrollen im Rotterdamer Hafen zu tun. In Antwerpen sei das Risiko erwischt zu werden, einfach geringer.
Kritik von Peeters
Und jetzt kommt Kris Peeters und damit der Kommunalwahlkampf ins Spiel. CD&V Spitzenkandidat Peeters will ins Antwerpener Rathaus. Deshalb fackelte er auch nicht lange, Bart De Wever zu tadeln. Er bedauere, wie man hier versuche, den Niederländern den Schwarzen Peter zuzuschieben.
Auch Peeters weist De Wever zurecht, dass es in den Niederlanden um Cannabis und nicht um Kokain geht. In Belgisch-Limburg würden Grenzgemeinden vielleicht etwas unter den niederländischen Coffeshops leiden, aber für das Problem der Antwerpener Kokainkriminalität mit dem Finger auf unsere Nachbarn zu zeigen, und dabei sogar von Erbschuld zu reden, sei stark überzogen und unfair.
Das Kokainproblem müsse man sehr ernst nehmen, aber das könne nicht der Bürgermeister von Antwerpen alleine regeln. Das müsse auf föderaler Ebene angepackt werden. Arbeitsminister Kris Peeters verweist auf seinen Amts- und Parteikollegen Koen Geens. Der ist derzeit in Marokko unterwegs, um dort die Zusammenarbeit der belgischen und marokkanischen Behörden bei der Beschlagnahmung von Drogen abzustimmen.
Laxe Kontrollen
Die Christliche Gewerkschaft ACV kritisiert die laxen Kontrollen im Antwerpener Hafen. Es fehle einfach an allem: an Geld, Material und Personal. Einer der Scanner zum Durchleuchten der Container funktioniere die halbe Zeit nicht, der andere müsste schon seit Jahren ersetzt werden. Selbst für Uniformen für die Zollbeamten reicht das Geld nicht.
Die Behörden wollten das Problem nicht sehen und seien eigentlich zufrieden, so wie es ist, sagt die Gewerkschaft. Denn weniger Kontrolle bedeutet auch, dass es in Antwerpen schneller geht. Und damit ist Antwerpens Hafen für die Kunden interessant, die nicht viel Zeit haben.
Volker Krings
Schuld sind immer nur die anderen.