Es gibt Tage, da weiß jeder wo er war, da weiß jeder, was er gerade machte, als er die Schreckensnachricht zum ersten Mal hörte. Der 22. März 2016, das ist so ein Tag. Kurz vor 8:00 Uhr. Ein Raunen geht durch die Sozialen Netzwerke. Das wird schnell lauter. Die ersten Fotos kursieren. Bilder von der Abflughalle des Brussels Airport: Rauch, bei genauerem Hinsehen sieht man Scherben, Zerstörung... Schnell hat man eine dumpfe Vorahnung, will sie aber nicht aussprechen.
Etwas mehr als eine Stunde später gibt es die grausame Bestätigung. Neue Bilder, diesmal von der Metrostation Maelbeek. Aus dem Mund von Premier Charles Michel wird es dann offiziell: "Belgien ist das Opfer von blinden, brutalen und feigen Anschlägen geworden."
Die Ereignisse nochmal chronologisch: Um 7:58 wird die Abflughalle des Brussels Airport von einer gewaltigen Explosion erschüttert, dann noch eine zweite... Um 9:11 Uhr dann wird ein U-Bahnzug von einer Explosion buchstäblich zerrissen, er hatte gerade die Station Maelbeek verlassen. Der blanke Horror...
In Zaventem wie in Maelbeek: Unwirkliche Bilder, die an ein Schlachtfeld erinnern. Tod und Zerstörung. Bilder, die sich quasi einem ganzen Land ins Gedächtnis einbrennen. 32 Menschen sterben, 340 werden zum Teil schwer verletzt. Viele von ihnen werden immer noch permanent an die schrecklichen Ereignisse erinnert, müssen mit den Folgen leben, werden die Bilder nicht los, sind auf ewig gezeichnet.
Terroristen gefasst
Die überlebenden Terroristen können nach und nach gefasst werden. Es handelte sich dabei im Wesentlichen um dieselbe Gruppe, die auch schon für die verheerenden Anschläge von Paris vom 13. November 2015 verantwortlich war. Die Terrorzelle kann nach und nach aufgerollt werden, mutmaßliche Mittäter können sogar lebend gefasst werden, wie Mohamed Abrini, der in Zaventem dabei war, aber sich nicht in die Luft sprengte, der als "Mann mit Hut" tagelang ganz oben auf der Fahndungsliste stand.
Inzwischen sei man der Ansicht, dass die Ermittlungen soweit abgeschlossen seien, sagte kürzlich der Föderalprokurator Frédéric Van Leeuw in der RTBF. Wenn alles gut geht, dann könne der Prozess schon im kommenden Jahr stattfinden.
Aufarbeitung
Die politische Aufarbeitung der Anschläge, die ist schon weitgehend abgeschlossen. Ein Untersuchungsausschuss der Kammer hat monatelang die ganze Akte ausgeleuchtet, hat dabei Probleme angeprangert, die etwa gewisse Kommunikations- bzw. Entscheidungsprozeduren betreffen, zum Beispiel bei der Evakuierung der Brüsseler Metro.
Und auch die Ermittlungen wurden kritisch hinterfragt, schließlich hat die Terrorzelle ja eigentlich über ein Jahr lang unbehelligt funktionieren und mindestens zwei Attacken organisieren können. Im Nachhinein ist man immer schlauer, sagte Föderalprokurator Frédéric Van Leeuw nicht ohne Bedauern. Die Ermittler seien an den Verdächtigen dran gewesen, manchmal nah dran. Und dann brauche man eben manchmal auch ein Quäntchen Glück. Es sei auch so gewesen, dass Ermittlerteams parallel mehrere Akten gleichzeitig im Auge behalten mussten - und man habe auch genau davor gewarnt, es hätten aber die Mittel gefehlt.
Einige Opfer sind auch immer noch unzufrieden, fühlen sich von der Regierung alleine gelassen, zusätzlich zu dem Leid, das sie ohnehin schon ertragen müssen. Föderalprokurator Frédéric Van Leeuw ist auch, was diesen Aspekt angeht, durchaus selbstkritisch. Haben wir Fehler gemacht? "Irren ist menschlich", sagt Van Leeuw, er könne aber behaupten, dass viele ihr Bestes gegeben haben.
Roger Pint