Im vergangenen Juli hatte die Regierung den Haushalt erstellt. Das sind jetzt neun Monate her. "Seitdem haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändert. Zeit für eine Bestandsaufnahme", sagt die föderale Haushaltsministerin Sophie Wilmès (MR). Die ist dringend nötig. Trotz aller budgetären Anstrengungen der letzten Jahre: Es fehlen nochmal 1,4 Milliarden Euro zusätzlich.
Ursprünglich ging die Regierung nämlich für das laufende Jahr von einem Defizit von drei Milliarden Euro aus. Jetzt sind es laut Monitoringkomitee 4,5 Milliarden Euro. Immerhin eine Steigerung von 50 Prozent. Sophie Wilmès relativiert: "Bei den laufenden Ausgaben beträgt der Unterschied 576 Millionen Euro. Hinzukommen aber dann noch technische Korrekturen, die das Defizit auf besagte 1,4 Milliarden Euro anwachsen lassen", erklärt die Haushaltsministerin. Zu diesen "technischen Korrekturen" gehören Ausgaben bei den Sozialleistungen und den Pensionen, die stärker gestiegen sind als vorgesehen. Es gibt aber auch positive Effekte. Beispielsweise seien die Steuereinnahmen gestiegen, da mehr Jobs geschaffen wurden, so Wilmès.
Die Aussage der Opposition, der Haushalt habe Schiffbruch erlitten, betrachtet Wilmès als gewohnte Überzeichnung. Die Zahlen des Monitoringkomitees zeigten nämlich was ganz Anderes. Das Haushaltsdefizit habe die Regierung in den letzten drei Jahren gedrittelt, und sei inzwischen so niedrig, wie seit zehn Jahren nicht mehr. Doch das Haushaltsloch ist nun mal da. Die Frage ist also: Wer zahlt die Zeche?
Steuererhöhungen sind jedenfalls kein Tabu. Doch das müsse erst einmal mit den Ministerkollegen bei der Haushaltskontrolle in den nächsten Tagen diskutiert werden. Bleibt also die Ausgabenseite. Weitere drastische Sparmaßnahmen will die Ministerin auf jeden Fall vermeiden. "Eine zu harte Sparpolitik kann das Wirtschaftswachstum abwürgen", sagt Wilmès. Deshalb gelte es, weiter vernünftig daran zu arbeiten, den Haushalt irgendwann mal ins Gleichgewicht zu bringen. "Ein Großteil der Arbeit ist geschafft, aber noch lange nicht zu Ende."
Auch wenn die Zahlen Fortschritte zeigen: Für die EU reichen sie nicht aus. Die hatte Belgien schon bei der Erstellung des Haushalts auf die Finger geklopft, da er die Europäischen Sparvorgaben nicht erfüllte. Sophie Wilmès glaubt aber, dass man bei der EU noch etwas Geduld mit Belgien haben wird.
Die EU sei sich sehr wohl bewusst, dass die ganzen Reformen langfristig Belgiens Haushalt wieder ins Gleichgewicht bringen werden. Davon ist Wilmès überzeugt.
Volker Krings