Wenn es einen Satz gibt, der das Verhältnis zu Belgien aus deutscher Sicht auf den Punkt bringt, dann ist es folgender Satz von Botschafter Lüdeking: "Wir sind nicht nur Nachbarn, wir sind auch Partner." Dieses Verhältnis auf Augenhöhe prägt Lüdekings Diskurs, wenn er über das deutsch-belgische Verhältnis spricht. Klar ist aber auch, dass Lüdeking als Deutscher deutsche Interessen vertritt. Und auch bei seinem Reden über Aktuelles natürlich zunächst das große aktuelle deutsche Thema aufgreift: nämlich die Suche nach einer neuen deutschen Regierung.
Ein Thema, das allerdings auch in Belgien mit Spannung beobachtet wird - und das vor allem aus europapolitischer Sicht. Deutschland spielt in der EU eine entscheidende Rolle. Sorgen, dass die EU durch die lange Regierungsbildung in Deutschland und eventuell noch drohenden Neuwahlen blockiert sei, sieht er nicht. Vielmehr sagt er: "Die EU ist dadurch in irgendeiner Weise in der Handlungsfähigkeit beeinträchtigt. Allerdings gäbe es für viele, vielleicht auch für uns, langfristig stabilere Perspektiven in dem Moment, in dem wir eine neue Regierung gebildet haben."
Zu einer Prognose, wie die Verhandlungen über eine große Koalition in Deutschland ausgehen könnten, lässt Lüdeking sich nicht hinreißen. Auch was er sich selbst wünscht, lässt er offen. Bei dieser Frage ist Lüdeking durch und durch Diplomat.
Bei einer anderen Frage ist er es weniger, nämlich bei der, welches Land wahrscheinlich im Juni das Rennen um die zwei Sitze als nicht ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat machen soll. Deutschland bewirbt sich da wie Belgien und Israel um einen der zwei Sitze. "Es gibt eine Konkurrenz zwischen Belgien und Deutschland. Ich kann nur hoffen - und bin eigentlich auch zuversichtlich -, dass Deutschland das Rennen macht. Und wenn Belgien auch in den Wahlen erfolgreich ist, kann ich mir gut vorstellen, dass die beiden Staaten sehr gut harmonieren, weil wir doch ein hohes Maß an Übereinstimmung haben", so Lüdeking.
Eurofighter
Beim Thema Verteidigung gibt es einen weiteren Termin, der zwischen Belgien und Deutschland wichtig ist: Am 14. Februar endet die Frist, in der Angebote für die Nachfolger der F16-Kampfjets für die belgische Luftwaffe gemacht werden können. Neben einem US-amerikanischen Angebot liegt das Angebot von Eurofighter vor. Auch die französischen Raffale könnten noch eine Rolle spielen. Lüdeking wirbt in Belgien dafür, sich für den Eurofighter zu entscheiden, denn "Deutschland ist Partner im Konsortium des Eurofighters, und dementsprechend setzen wir uns auch für dieses Kampfflugzeug ein".
Darüber hinaus würde die Entscheidung für den Eurofighter auch eine Entscheidung für ein europäisches Produkt sein. Mit Blick auf den Willen der EU-Staaten, eine gemeinsame EU-Verteidigungsstrategie zu gründen, wäre das sicher eine gute Wahl, fügt Lüdeking hinzu.
100 Jahre Ende des Ersten Weltkriegs
Und apropos Krieg und Verteidigung: 2018 markiert 100 Jahre Ende des Ersten Weltkriegs. Viele Gedenkveranstaltungen sind in Belgien geplant und Deutschland will sich aus gutem Grund daran beteiligen. "Für Deutschland ist die Erinnerung an den Ersten wie auch an den Zweiten Weltkrieg eine bedeutsame Sache", so Lüdeking.
Dabei ist auch klar, wie die Erinnerung aus deutscher Sicht ausfallen soll. "Für mich ist klar, dass das Erinnern an den Ersten Weltkrieg kein Grund für nationales Pathos ist, ein Pathos von Blut und Ehre - ganz im Gegenteil. Es geht um die Verpflichtung gegenüber den Opfern. Diese Verpflichtung bedeutet, dass wir aufgefordert sind, alles zu tun, um künftige Kriege zu vermeiden."
Wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit
2018, das soll aber auch über die besonderen Ereignisse hinaus ein weiteres Jahr der allgemein guten und eben partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Belgien und Deutschland werden. Das betreffe viele Bereiche des täglichen Lebens. Lüdeking hebt als Beispiele einige hervor: "Wir werden sicher eine intensive Zusammenarbeit haben im wirtschaftlichen Bereich. Auch bei Fragen der Energieversorgung, aber auch durchaus im kulturellen Bereich", so Lüdeking.
"Es freut mich beispielsweise, dass sich die Universität Hasselt entschlossen hat, in diesem Jahr ein 'deutsches Jahr' zu veranstalten. Und ich freue mich ganz besonders, dass da auch die Stadt Hasselt wie auch die Provinz Limburg sehr eng mit eingebunden sind und sich daran beteiligen werden."
Kay Wagner