Die Idee ist nicht neu. Schon Ende 2016 wollte der wallonische Umweltminister Carlo Di Antonio Feststeller-Assistenten in der Wallonie einführen. Es kam nicht dazu. Jetzt also ein neuer Versuch. Di Antonio begründet seinen Eifer diesmal mit den positiven Erfahrungen, die er mit den sogenannten "Sauberkeits-Botschaftern" gemacht hat. Seit Ende September kann man in der Wallonie offiziell so ein "ambassadeur de la propreté" werden. Ein Sauberkeits-Botschafter wird Pate einer Straße oder eines Viertels, bekommt von der Region beziehungsweise seiner Gemeinde Material gestellt, um die Straße oder das Viertel sauber zu halten.
"Einige dieser Sauberkeits-Botschafter würden sich gerne noch stärker engagieren. Sie würden gerne dem Feststeller helfen, um Verstöße gegen die Abfallentsorgung zu melden. Zum Beispiel das wilde Ablagern von Müll. Und für diese Menschen haben wir jetzt eine Ausbildung vorgesehen, die ihnen erlauben würde, Assistent des Feststellers zu werden und eine Entlohnung nach dem Status der Freiwilligendienste zu erhalten" sagte Carlo Di Antonio.
Bürger, die ein paar Stunden in der Woche auf die Sauberkeit von Straßen und Parks achten - eigentlich eine gute Idee. Doch Gegenwind kommt aus vielen Richtungen. So auch von Vincent Macq. Er ist Präsident des Berufsverbandes der Richter (UPM). Seiner Meinung nach sind die Feststeller-Assistenten überflüssig, ein Schritt zu weit in die falsche Richtung. In den vergangenen Jahren habe man immer mehr die Tendenz beobachten können, Bürgern selbst Verantwortung für das zu geben, wofür eigentlich öffentliche Ordnungskräfte zuständig seien. Sprich: Die Polizei.
"Wohin wird das führen? Werden Monsieur und Madame Jedermann in naher Zukunft auch Strafen verhängen können - wenn wir schon dabei sind, dass sie Verstöße melden sollen? Wo sind die Grenzen? Ich denke, irgendwann muss man auch mal Stopp sagen", so Vincent Macq. Hinter Macqs Äußerungen stehen die Bedenken, dass Bürger, die zur Überwachung von anderen Bürgern eingesetzt werden, schnell ihre Macht missbrauchen könnten. Denunzianten werden, die das gute Miteinander der Bürger untereinander vergiften. Oder auch Bürger, die als Feststeller-Assistenten ungeliebten Nachbarn bewusst, aber unbegründet ein Fehlverhalten anhängen könnten, um sich für etwas zu rächen.
Doch Carlo, Di Antonio findet, dass solche Bedenken unbegründet sind. "Ihren Nachbarn werden die Assistenten nicht überwachen können, denn sie werden nicht in ihrem eigenen Wohnviertel aktiv sein dürfen. Sie werden eine Ausbildung gemacht haben, dürfen keine Dokumente unterschreiben, handeln also unter der Verantwortung des Feststellers, der bereits jetzt in den Gemeinden aktiv ist. Also ich denke, dass es da genug Hindernisse gibt, um Missbrauch und Auswüchse zu vermeiden, so Carlo Di Antonio.
Die Pläne von Di Antonio sollen bald im wallonischen Parlament debattiert werden. Von der Opposition gab es schon Kritik. Aber auch Mitglieder der Regierungsparteien scheinen Zweifel zu haben. Die Zeitung Le Soir zitiert den MR-Abgeordnete Olivier Maroy. Dass einfache Bürger damit beauftragt würden, Gesetzesverstöße zu melden, sei "nicht ohne Risiko".
Kay Wagner
Bei allem Respekt vor der Natur und Umwelt, die Festnahme und Verfolgung von Umweltsündern ist Aufgabe der Polizei und des Staats, nicht der Bürger.
"Der größte Feind im ganzen Land ist und bleibt der Denunziant." An dem Satz ist viel Wahres dran. In meinen Augen ist diese Politik der erste Schritt in Richtung Selbstjustiz...
Das ist ein Aufruf zur Denunziation. Sollte tunlichst nicht gemacht werden. Stört das gesellschaftliche Zusammenleben. Polizei und Justiz sind für Gesetzesverstoesse zuständig. Das erinnert an die STASI der DDR.
Gegen diesen Vorschlag bin ich sicher auch, aber man sollte jedesmal, wenn jemand etwas im öffentlichen Raum wegwirft, ihn darauf ansprechen, ihm klarmachen, dass niemand in einer vermüllten Umgebung leben will und dass von unser aller Steuern dies aufgeräumt werden muss. Ruhig auch mal so laut und deutlich, dass es andere mitbekommen und diese Person sich vielleicht dann doch schämt. Alles was man voll tragen konnte (Getränke, Zigarettenschachteln, Essenstüten) kann man auch im leeren Zustand mit nach Hause nehmen.