"Montag, um halb zehn, hat ein Journalist mich kontaktiert. Er wollte, dass ich ihm den Satz erkläre, den ich gepostet hatte: 'Morgen, alle zu La Monnaie. Wenn wir gewinnen, werden wir alles in Brand setzen.'" Musikalisch hatte sich Rapper Benlabel schon kurz nach den Anschuldigungen gegen ihn zur Wehr gesetzte. Sein Post damals auf Facebook vor dem Spiel von Marokko gegen die Elfenbeinküste, ein Aufruf zur Krawalle?
Alles Quatsch, an den Haaren herbeigezogen. Und diese Position vertrat Benlabel auch am Freitag vor Gericht. Gegenüber Journalisten sagte er: "Ich verstehe nicht, warum ich heute hier bin. Ich habe nichts mit dem zu tun, was damals passiert ist."
Für wen denn dann die Nachricht gepostet worden sei, wollte eine Journalistin wissen. Benlabel antwortete: "Für wen die Nachricht war? Das war reine Übertreibung, wie mein Anwalt schon gesagt hat, das war wirklich, äh, allez..." Dann kommt Benlabel ins Stocken, sein Anwalt springt ihm zur Seite und sagt: "Achtung, Facebook, dass gehört zur Privatsphäre meines Mandanten".
"Es gab niemanden, der bei den Ausschreitungen direkt bedroht war durch die Botschaft meines Mandanten", führt Benlabels Anwalt weiter aus. "Das war eine Nachricht, die er vor einem Fußballspiel geschrieben hatte, in Vorfreude auf das Spiel, um die marokkanische Fußballmannschaft zu unterstützen."
Die Staatsanwaltschaft sieht das alles ganz anders. Sie will den 32-jährigen, übrigens nicht vorbestraften Benlabel für zwei Jahre im Gefängnis stecken. Sie sieht in dem Eintrag auf Facebook eine Anstiftung zur Krawalle an der Brüsseler Börse.
Verantwortlich für die Ausschreitungen wollten auch andere Angeklagte nicht sein. Den 19-jährigen Mohamed glaubt die Polizei, durch Videoaufnahmen aus der Krawallnacht identifiziert zu haben. Er soll bei der Plünderung eines Nachshops dabei gewesen sein, ein paar Sportschuhe geklaut haben. "Das sind ganz normale Schuhe, die jeder trägt. Jeder Jugendliche kann sich so ein Paar beschaffen", sagte Mohamed am Freitag vor dem Gerichtssaal. Und auf die Frage einer Journalistin, ob er am Abend der Krawalle vor Ort gewesen sei, sagte er: "Ja, ich war da. Aber ich war nicht dabei, als die Sache aus dem Ruder gelaufen ist."
Zwei Jahre Haft ohne Bewährung fordert die Staatsanwaltschaft auch für Mohamed. Für seinen Anwalt ist das nicht gerechtfertigt. "Es gibt noch nicht einmal ein klares Foto von ihm, von seinem Gesicht", sagt er. "Das Foto, das die Staatsanwaltschaft benutzt, zeigt ihn unter einer Kapuze. Da könnte es sich auch um jemanden anderen handeln, der ihm ähnlich sieht. Hunderte sehen so aus. Aber keiner außer ihm ist befragt worden. Der Inhaber des geplünderten Geschäfts hat ausgesagt, dass rund 100 Randalierer da gewesen seien sollen. Aber man fragt ihn noch nicht einmal, ob er meinen Mandanten wiedererkennt."
Die Strafen von bis zu drei Jahren Gefängnis ohne Bewährung werden von einigen Prozess-Beobachtern als ziemlich hohe Forderungen der Staatsanwaltschaft gewertet. So auch vom Anwalt eines 18-jährigen Mannes, dem vorgeworfen wird, ein Auto in Brand gesteckt zu haben. Dafür soll er drei Jahre in den Knast. Sein Anwalt sagt: "Die Öffentlichkeit hat eine gewisse Erwartungshaltung bezüglich dieser Prozesse. Das spielt sicher eine Rolle dabei, dass relativ schwere Strafen gefordert werden, um sagen zu können: Diese Personen werden streng bestraft."
Die ersten Urteile zur Krawalle in Brüssel, unter anderem das Urteil gegen den Rapper Benlabel, sollen am 2. Februar verkündet werden.
Kay Wagner