Neun Sudanesen waren nach der Mission der sudanesischen Regierungsbeamten in Belgien schließlich in den Sudan zurückgeführt worden. Mitarbeiter des Tahrir Instituts für Politik im Mittleren Osten verfolgten ihre Fährte und wollten wissen, was aus ihnen im Sudan wurde. Von sechs der neun Migranten bekamen Institutsmitarbeiter Berichte, und die hören sich nicht gut an.
Direkt nach ihrer Ankunft im Sudan seien die Flüchtlinge von Behördenmitarbeitern aufgegriffen worden. Die Flüchtlinge seien dann gefoltert worden, erzählt Koert Debeuf, Leiter des in Brüssel ansässigen Tahrir Instituts Europa. Stundenlang seien die Flüchtlinge mit Händen und Stöcken geschlagen worden. Es gab auch psychologische Folter. Einige der Flüchtlinge seien tagelang in Gefängnissen festgehalten worden. Todesangst hätten sie erlebt. Sie fühlten sich auch heute noch bedroht.
"Wir haben die belgische Regierung gewarnt"
Die Aussagen hat das Tahrir Institut als Sprachaufnahmen vorliegen. Debeuf klagt an: "Als die Delegation aus dem Sudan nach Belgien unterwegs war, haben wir die belgische Regierung gewarnt, dass im Sudan eine der schlimmsten Diktaturen der Welt die Macht ausübt. Dies und das könnte passieren. Trotzdem hat man mit den Sudanesen zusammengearbeitet. Und jetzt müssen wir schmerzlich erfahren, was die Folgen davon sind", erzählt er in der VRT.
Der belgische Staat hätte nie und nimmer mit den sudanesischen Behören zusammenarbeiten dürfen - das ist der Vorwurf, den Debeuf gegenüber Belgien erhebt. Auch als die sudanesischen Beamten die Flüchtlinge in Belgien befragt hätten, seien Fehler passiert. Die belgischen Beamten, die bei den Gesprächen dabei sein sollten, wären manchmal gar nicht anwesend gewesen oder hätten kein Arabisch verstanden. Deshalb hätten sie auch nichts von den Gesprächen verstehen können, nichts von den Drohungen gegen die Flüchtlinge. "Wie kann man von einem Rechtsstaat sprechen, wenn wir das nicht kontrollieren konnten. Ich hoffe zumindest, dass wir die Rückführung in den Sudan stoppen", sagt Debeuf.
Francken vorsichtig
Theo Francken als zuständiger Staatssekretär der Föderalregierung nimmt die Beschwerden zur Kenntnis, bleibt aber vorsichtig. Als Reaktion auf die Vorwürfe sagt er: "Wenn es neue Beweise dafür gibt, dass Folter stattgefunden hat, dann werden wir damit aufhören, Menschen in den Sudan zurückzuführen. Aber wir müssen erst schauen, ob es auch wahr ist, was die Flüchtlinge sagen. Solche Gerüchte über Folter hat es auch in anderen Ländern gegeben. Die haben sich als unwahr herausgestellt."
In den nächsten Tagen will Francken einen Mitarbeiter der Ausländerbehörde in den Sudan schicken. Dieser soll den Berichten der sechs Sudanesen vor Ort nachgehen. Sollten sich die Berichte als wahr herausstellen, wäre es mit einem belgischen Rückführungsstopp allein jedoch nicht getan.
"Es wäre wichtig, eine gemeinsame europäische Linie festzulegen zu dieser Frage. Denn nehmen wir mal an, Belgien würde die Rückführung stoppen, alle anderen Länder jedoch weiter Menschen zurück in den Sudan bringen, dann ist die Chance groß, dass alle Sudanesen nach Belgien kommen, weil sie wissen, dass sie von hier aus nicht zurückgeschickt werden können. Da müssen wir vorsichtig sein und die Sache vernünftig anpacken", so Francken.
Kay Wagner