Gut eine Woche ist es her, dass Schneefall in Flandern und Brüssel zu dem diesjährigen Rekordstau auf Belgiens Straßen geführt hat. In der Folge davon wurde mal wieder darüber nachgedacht, wie solche Staus zumindest zum Teil verhindert werden könnten. Eine Idee dabei war, an solchen Chaostagen verstärkt auf Telearbeit zurückzugreifen. Das würde automatisch zu weniger Autos auf den Straßen und damit zu weniger Staus führen, so das Argument.
Ein weiteres Argument für mehr Telearbeit bietet jetzt eine aktuelle Studie des belgischen Instituts für Straßenverkehrssicherheit, Vias. Die Studie rechnet vor: Telearbeit rettet Leben. Weniger Autos auf den Straßen bedeutet auch weniger Unfälle und damit weniger Tote.
Weniger Autos auf den Straßen – das kann zum Beispiel mit Telearbeit erreicht werden. Also mit dem Arbeiten von zu Hause. Die Idee: Statt morgens mit dem Auto zur Arbeit zu fahren und abends wieder zurück, bleibt der Arbeitnehmer einfach bei sich zu Hause und erledigt seine Aufgaben, zum Beispiel per Computer, in seinen eigenen vier Wänden. Das Auto lässt er stehen. Im Berufsverkehr morgens und abends ist ein Auto weniger unterwegs. Also sinkt auch die Gefahr, dass ein Unfall passiert.
Rund acht Prozent der Arbeitnehmer in Belgien praktizieren laut Angaben von Vias bereits Telearbeit regelmäßig und mindestens einmal in der Woche. Benoît Godart, Pressesprecher von Vias, rechnet vor:
„Wenn man die Zahl der Leute, die Telearbeit machen, verdoppeln würde, gäbe es jedes Jahr 220 Unfälle mit Personenschaden weniger, und auch 25 weniger Tote und Schwerverletzte durch Verkehrsunfälle.
Vias dreht das Spiel mit den Zahlen sogar noch weiter. Wenn dank Telearbeit dauerhaft jeden Tag 20 Prozent des Berufsverkehrs vermieden werden könnte, würde das bedeuten: pro Jahr knapp 3250 Unfälle mit Personenschaden weniger. 287 weniger Schwerverletzte und 35 Menschenleben gerettet. Und das nur, weil im Berufsverkehr weniger Autos unterwegs sind.
Klar, diese Zahlen sind reine Statistik – aber einen Reiz üben sie dennoch aus. Zumal Telearbeit, wenn sie gut organisiert ist, für die Unternehmen in der Regel keinen Nachteil bedeutet. Und auch nicht für den Arbeitnehmer. Das Arbeiten von zu Hause aus bietet vielmehr den Vorteil, Stress zu vermeiden. Nämlich den Stress des Berufsverkehrs.
Das sagt Haroun Fenaux, Pressesprecher von Proximus. Laut Fenaux praktizieren mehr als die Hälfte der gut 13.000 Beschäftigten bei dem Telekommunikationsanbieter mindestens einmal in der Woche Telearbeit. „Mindestens einmal in der Woche sind diese Mitarbeiter nicht durch den Weg zur Arbeit hin und zurück gestresst“, sagt Fenaux gegenüber der RTBF. Die betroffenen Mitarbeiter würden das sehr schätzen.
Weniger Stress, weniger Verkehr, weniger Tote und Verletzte – für Vias sind das alles Gründe, künftig verstärkt auf Telearbeit zu setzen.
Zumindest beim föderalen Verkehrsminister François Bellot scheinen diese Ideen anzukommen. Er will die Ergebnisse der Vias-Studie zum Anlass nehmen, im kommenden Jahr eine Informationsplattform zur Telearbeit einzurichten.
Dort soll zum einen auf die Vorteile der Telearbeit hingewiesen werden. Zum anderen aber auch aufgezeigt werden, wie gerade kleine und mittlere Unternehmen das System der Telearbeit bei sich einrichten können. Besonders bei ihnen ist die Telearbeit nämlich noch nicht sehr verbreitet. Nur vier Prozent der Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern praktiziert Telearbeit. Bei den Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern sind es immerhin schon 18 Prozent.
Kay Wagner