Das diplomatische Parkett ist bekanntlich oft gebohnert und gewienert - hochglänzend eben. Da ist es fast schon natürlich, dass die "Diplomatischen Tage" im erhabenen Brüsseler Egmont-Palast stattfinden, in der Nähe des Brüsseler Sablon-Platzes. Hier treffen sich also einmal im Jahr die belgischen Topdiplomaten - und die haben diesmal viel zu besprechen. Die Welt ist ja in den letzten Jahren - man könnte sagen - doch etwas aus den Fugen geraten.
Eine grundsätzliche Feststellung gab's dazu zunächst von Außenminister Didier Reynders: Belgien sei mehr denn je Verfechter einer multilateralen Welt. Immer mehr Staaten bzw. Politiker suchten ihr Heil in Abschottung, glaubten, die Probleme ihrer Länder besser alleine lösen zu können. Donald Trump sei da nur ein Beispiel. "Nun, das ist nicht unser Weg", machte Didier Reynders klar. Herausforderungen wie den Klimawandel, die Wahrung der Menschenrechte, Frieden und Sicherheit - diese Herausforderungen kann man nur gemeinsam angehen, in einer multilateralen Welt.
Multilaterale Welt
Multilateral, die Europäische Union ist dafür wohl ein Musterbeispiel. Doch steckt die Staatengemeinschaft bekanntlich in einer Sinnkrise. "Wir haben gerade den 60. Geburtstag der EU gefeiert. Doch wir spüren alle, dass wir der Union jetzt neuen Elan geben müssen", sagte Premierminister Charles Michel. "Wir müssen jetzt ähnlich wegweisende Weichenstellungen vornehmen wie damals die Gründerväter." Mit Blick auf diese notwendige Reform öffne sich sehr bald vielleicht ein Fenster, glaubt Michel: Wenn Deutschland eine neue Regierung hat, dann könnten bis zur Europawahl 2019 einige bedeutende Initiativen angeschoben werden.
Europa müsse sich aber auch mehr denn je wieder um seine Sicherheit sorgen. Vor unserer Haustüre hätten sich in den letzten Jahren eine Reihe von Krisenherden aufgetan. Um uns herum herrsche vielerorts große Instabilität. Deswegen müssen die Europäer dringend etwas für ihre Verteidigung tun. Dies, wohlgemerkt, nicht außerhalb der Nato. Vielmehr müsse jetzt einfach der europäischen Pfeiler der Allianz gestärkt werden.
Dialog mit Russland
Hier gehe es also nicht darum, zu tun, was der US-Präsident verlangt. Hier gehe es allein darum, dass die Europäer ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Und vielleicht, so sagt Michel, vielleicht sollten wir auch unsere Beziehung zu Russland zumindest mal überdenken. Aber, damit das klar ist, betont Michel: Er werde jetzt nicht dafür plädieren, die Sanktionen gegen Russland zu lockern. Auch über die territoriale Integrität der Ukraine werde nicht diskutiert. Nur dürfe man bei all dem doch nicht ganz auf Dialog verzichten.
Denn, so führt Michel aus: Russland spielt eine gewichtige Rolle auf dem geopolitischen Schachbrett. Beispiel Libyen: Das nordafrikanische Land ist de facto kein Staat mehr. Hier tummeln sich die unterschiedlichsten Spieler. Darunter ist wohl auch Russland. Wenn wir also vor unserer Haustür geordnete Verhältnisse haben wollen, dann müssen wir eben mit allen Protagonisten reden.
Aber, nicht vergessen: Die belgischen Diplomaten sind ja alle immer noch in erster Linie Botschafter, nicht nur im wörtlichen, sondern auch im übertragenen Sinne. Sie sind diejenigen, die den belgischen Standpunkt verbreiten, Belgien quasi "verkaufen" müssen. Vor allem Premier Michel legt darauf besonders großen Wert. Man denke nur an die Strukturreformen, die seine Regierung durchgeführt habe. Den Standort Belgien, den sollte ein jeder promoten, sagt Charles Michel.
Doch nicht nur die wirtschaftlichen Trümpfe des Landes sollen in die Welt getragen werden, auch den - sagen wir - moralischen Unterbau. Nie sollten wir vergessen, dass immer der Mensch im Vordergrund stehe. Die belgische Außenpolitik fuße auf Werten, sagte Außenminister Reynders. Und genau deswegen bewerbe sich Belgien auch für einen nicht-ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat.
Roger Pint