Ob von langer Hand geplant oder als direkte Reaktion auf die eher bescheidenen Auskünfte von diesem Montag: Die Opfer der Killerbande von Brabant wollen neuen Schwung in die Ermittlungen bringen. Sie möchten einen unabhängigen Experten damit beauftragen, sich mit dem Dossier zu beschäftigen.
Sie haben dafür auch schon jemanden an der Hand: Der Niederländer Peter van Koppen soll Licht in das Dunkel um die Killerbande bringen. Das berichten am Dienstag gleich mehrere flämische Zeitungen und zitieren den Opfer-Anwalt Johan Heymans mit den Worten: "Van Koppen hat einen sehr guten Ruf und ist auf sogenannte Cold-Case-Fälle spezialisiert." Also auf Fälle, bei denen die Ermittlungen schon lange nicht vorankommen.
Ein unabhängiger Ermittler, obwohl die Staatsanwaltschaft doch die Sache in der Hand hat? Laut Justizminister Koen Geens ist das durchaus denkbar. In der VRT sagte er schon am Montagabend: "Das Gerichtskosten-System erlaubt es durchaus, dass man einen unabhängigen Experten mit sogenannten Cold-Case-Fällen beauftragt. Die Möglichkeit besteht. Aber ich kann darüber nicht entscheiden. Eine solche Entscheidung muss das Gericht treffen."
Konkret liegt die Entscheidung beim Ermittlungsrichter. Wenn die Opfer-Anwälte tatsächlich ihr Gesuch einreichen werden. Nächste Woche wollen sie das tun.
Der Niederländer van Koppen, den die Opfer-Anwälte gerne mit dem Dossier beauftragen würden, ist ausgewiesener Experte für Cold-Case-Fälle und arbeitet mit einem Team von zehn Experten an den Universitäten Amsterdam und Maastricht zusammen. "Wir hoffen, dass er die Täter finden oder zumindest die Untersuchung auf neue vielversprechende Spuren führen kann", zitiert die Zeitung "Het Nieuwsblad" am Dienstag einen Opfer-Anwalt.
Austausch enttäuschend, für einige positiv
Der Austausch am Montag mit der Staatsanwaltschaft und dem Justizminister wurde dagegen von vielen Opfern eher als enttäuschend gewertet. Jean-Paul Macau, ein mittlerweile betagtes Opfer der Killerbande von Brabant, sagte: "Wir hatten tatsächlich gehofft, dass wir nach den jüngsten Erkenntnissen neue Informationen erhalten würden. Dass ein Stück des Schleiers gelüftet würde. Aber wir sind enttäuscht worden."
Doch es gab auch andere Stimmen. Patricia Finné, Tochter eines Opfers der Killer von Brabant, wertete den Austausch durchaus positiv: "Wir haben immerhin einige Sachen erfahren. Wir werden das Recht auf einen Ausschuss für die Opfer haben. Ich finde, dass das eine sehr gute Sache ist. Wir werden wahrscheinlich erneut eine Anfrage auf finanzielle Entschädigung stellen können. Aber das ist noch nicht sicher. Ich habe das Gefühl, dass uns immer mehr zugehört wird."
Tatsächlich sollen die Opfer künftig finanziell und juristisch besser betreut werden. Für die finanzielle Entschädigung strebt Justizminister Geens eine ähnliche Regelung an, wie sie auch für die Opfer der Brüsseler Terroranschläge vorgesehen ist.
Was am Montag als neue Fakten herumkam, war dann allerdings wirklich etwas dürftig - nach all der Hoffnung, die die angebliche Identifizierung des als "Riesen" bezeichneten Killers im Oktober geweckt hatte. 600 neue Hinweise sammelte die Staatsanwaltschaft in den darauffolgenden Wochen. Doch über den Inhalt wollte der Generalstaatsanwalt von Mons, Ignacio de la Serna, am Montag nichts sagen. Aus Rücksicht auf die Untersuchungen. Nur so viel sagte er: "Von den 600 Hinweisen kann man 150 außer Acht lassen. Denn sie behaupten Sachen wie beispielsweise die, dass König Baudouin, die italienische Maffia Cosa Nostra oder der Papst hinter der Killerbande stecken würden. Aber den 450 anderen Hinweisen werden wir nachgehen."
Kay Wagner